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Polychromie.
Antike
aus ästhetischen Gründen, der Ansicht, dass diese lllarmorgebäude dennoch
mit einem feinen schimmernden Farbenüberzuge von warmem Tone ver-
sehen gewesen seienfbemerkt dabei aber, dass es höchst schwer sei, die
Reste dieses Ueberzuges von jener starken, natürlich entstandenen Tönung
zu unterscheiden. Wir haben dies nach der ganzen Sachlage wiederum
nur als eine subjective Voraussetzung aufzufassen, die wir, zumal all jenen
so bedeutsamen Zeugnissen des Alterthnrns gegenüber, wohl auf sich beruhen
lassen können.
lm Uebrigen sind als thatsächlichc Bemerkungen besonders noch einige
Notizen aus einem Vortrage des Hrn. Cockerell zu entnehmen. Er berich-
tet über den Minerven-Tempel von Aegina, nach seinen genauen Unter-
suchungen bei dessen Aufgrabung. Er erwähnt zunächst des feinen Mar-
morstucks, mit dem die Säulen und das Gebälk dieses Tempels bekleidet
waren und der eine höchst glänzende Wirkung hervorgebracht habe, ebenso
wie der Stuck, der jenen alten Tempelrest zu Korinth bekleidet, auch diesem
Bauwerk den Anschein des feinsten Marmors gebe. Er schildert die Bema-
lung des Tempels von Aegina, wie wir sie kennen, bemerkt dabei aber
ausdrücklich, dass an den Säulen und an dem Architrav , mit Ausnahme
des Bandes über letzterem, keine Farbenspur vorhanden gewesen sei.
Ebenso habe er auch an den Wänden der Cella dieses Tempels Nichts von
Bemalung gefunden.
Hr. Owen Jones führt an, dass er sich einer-Säule mit den Resten
rothen Anstrichs im Innern des Parthenon erinnere; es sei aber aus gutem
Grunde anzunehmen, dass diese Bemalung hier aus der mittelalterlichen
Zeit herrühre. Was seine eigenthümliche Ansicht betreife, so nehme er an,
dass die Säulen ursprünglich vergoldet gewesen seien. Wir haben wohl
nicht nöthig, auf diese allerdings eigenthümliche Ansicht weiter einzugehen.
Es scheint in der That, dass das Wesentliche, was überhaupt in diesen
polychromatischen Dingen zu ermitteln , nunmehr vor uns liegt und dass
die Acten über diese Angelegenheit etwa mit dem Vorbehalt von Ein-
zelnachträgen, die ein günstiger Zufall vielleicht noch ans Licht bringt,
geschlossen werden können 1).
1) Erst während des erneuten Abdruckes des Obigen gelangt das Werk von
Franeis Cranmer Penrose: an investigation of the principles of Athenian
Architccture etc., published by the society of Dilettanti, London, 1851, welches
die Architektur des Parthenon, der Propyläen und andrer athenischer Gebäude
in ihren technischen und künstlerischen Einzelheiten mit schärfster Sorgfalt behau-
delt und hierin die Gewähr der zuverlässigsten Beobachtung trägt? zu meiner
näheren Kenntniss. Auch hier, im Text wie in den bildlichen Tafeln, ist das
polychromatische Element einer reiflichen Erwägung unterzogen; was der Ver-
fasser darüber mitgetheilt, dient wiederum nur zur Bestätigung der vorstehend
ermittelten Grundsätze. Die Einzelangaben beschränken sich dahin: dass am
Parthenon, ausser der zierlich ornamentistisehen Gliederbernalung (mit Blatt-
werk, Mäandern u, dergl.), die Mutulen blaugeiärbt waren, die Softltten dazwi-
schen (d. h. die Unteransicht der Platte über den Mutulen) und die Banddäche
zwischen den hinteren Ansätzen der Mutulen roth, die Tropfen ohne Farbenspur,
die Schlitze der Triglyphen blau, auch schwache Spuren blauer Farbe an der
oberen Fläche der letzteren. Aehnliche Spuren von Blau am Theseustempel.
An den Propyläen, und zwar am Aeusseren derselben, die orlmmßlltistiäßhv
Gliederbemalung einfacher (die Sima mit dem Eierstab); das Plättchen unter der
Häugeplatte, auch an den Theilen seiner Unteransicht, mth; diß Mlltlllßll blau;
die Tropfen farblos, doch mit einem Ringe auf ihrer Unterflächß- Im Inneren