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Antike Polychromie.
feine rothe Linie, dann ein ungefarbter Zwischenraum, dann ein breites
rothes Band mit darauf gemalten, wechselnd gegen einander gekchrten
weissen Palmetten von charakteristisch griechischer Zeichnung, dann, als
äusserste Besäumung, ein gelber Streif; das Untergewand mit einfachem
rothem Saum und so auch die Sandalenrieme mit Spuren von Roth; das
Roth durchgängig in dem Tone eines schönen kräftigen Karmins. Dass so
Vieles von der Bemalung dieser Statue erhalten ist, aber doch in keiner
Weise mehr, namentlich Nichts von der Ausfüllung grösserer Flächen,
scheint mir wesentlich berücksichtigungswerth.
Unter andern Werken alterthümlichen Styles dürfte zunächst die
bekannte herculanische Pallas im Museum von Neapel zu nennen sein. Bei
ihrer Ausgrabung fanden sich an Haar und Gewand Spuren von Vergol-
dung, nach Winckelmanns Bericht in solcher Stärke, dass die Goldblätt-
chen förmlich abgezogen werden konnten. An einer tretflichen altgriechi-
schen Athletenstatue im Museum von Neapel (No. 37), die dem Style nach
zunächst etwa auf die Statuen von Aegina folgt, bemerkte ich die hellere
Spur eines Riemens, von der rechten Schulter über der Brust nach der
linken Seite, auch an der Hüfte einige zugekittete Löcher, wo der Riemen
(der aus Bronze bestanden haben dürfte) befestigt war. Um die Brust-
warzen ging ein dunklerer Ring. Bei der bekannten alterthümlichen Ino-
Leucothea mit dem jungen Bacchus, in der Glyptothek zu München (No. 97),
unterscheidet sich, nach dem Kataloge von Schorn, das Gesicht durch
grössere Weisse und Glätte von den Haaren; auch sind die Ohren durch-
bohrt. Nach L. v. Klenze (Aphoristische Bemerkungen etc. S. 255) hat
das Haar dieser Statue Spuren von Vergoldung, während am Gewande
Spuren von grünem Anstrich und rothem Rande sichtbar werden. Ferner
zeigt eine Spur gemalter Augensterne eine treflliche griechische Büste, der
sogenannte Faun Winckelmannls, in der Münchener Glyptothek (No. 103).
Röthliche Spuren im Haar sieht man u. A. an zwei weiblichen, zur Familie
des Balbus gehörigen Marmorstatuen aus Herculanum, im Neapler Museum
(No. 45 und 50), und an der Statue der Eumachia aus Pompeji [eben-
daselbst, N0. 79). Ebenso augenscheinliche Spuren dunklerer Haarfarbung
an den Büsten der älteren Faustina, Gemahlin des Antoninus Pius, und
der Julia Pia im Vatikan zu Rom (im Pio-Clementinum, Sala rotonda,
N0. 4 und 10).
Noch ist als ein Werk der edelsten griechischen Zeit jene schöne Statue
des Amor unter den Elginschen Marmorwerken anzuführen, dessen Köcher-
band in so ganz leisem Relief gearbeitet ist, dass dasselbe, um bei massig-
ster Entfernung sichtbar zu bleiben, nothwendig irgendwie durch Farbe
oder Vergoldung hervorgehoben sein musste.
Unter den Steinsculpturen mit eingesetzten Augen ist namentlich die
Kolossalstatue des Apollo Citharödus, der früher sogenannten Barberinischeu
Muse, in der Münchener Glyptothek (No. 82) anzuführen, dessen Augen
eingelegt und mit Augenwimpern von Erz umgeben sind und bei dem die
gegenwärtig vertieften Augensteme ohne Zweifel durch ein andres glänzen-
des Material ausgefüllt waren. "Ein I-lerkuleskopf im Campo Santo zu
Pisa (No. 102) hat eingesetzte Augensterne von Metall.
Für etwaige Färbung des Nackten dürfte eine Statue des Satyrs mit der
Flöte in der Münchener Glyptothek (No. 106), ein treffliches Exemplar dieser
oft vorhandenen, ohne Zweifel praxitelischen Composition, zu erwähnen
sein, indem dieselbe durchaus einen gelb-röthlichen Ueberzug hat. Der