Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Nachträge. 
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Feuchtigkeit sich an die Oberfläche derselben festgesetzt haben, so dass 
nach zwei Jahrtausenden eine wirkliche Farbenkiuste das unausbleibliche 
Resultat davon werden musste   
Ich kann dem, was Wiegmann über die röthliche Farbe der südlichen 
(italienischen) Denkmäler und über deren verschiedene Stärke je nach dem 
grösseren oder geringeren Alter der letzteren sagt, aus eigner Beobachtung 
nur völlig beistimmen. Auch kann ich seinem Beispiel von den pästani- 
schen Tempeln noch ein anderes hinzufügen. An dem sogenannten Tempel 
des Jupiter tonans zu Rom, und zwar am oberen Theil der dem Kapitol 
gegenüberstehenden Säule, in den Kanelluren, welche dem Carcer Mamer- 
tinus zugewandt sind, bemerkte ich eine ganz entschieden rothe Farbe. 
Ebenso am unteren Theil der Säulen der sogenannten Gräcostasis. Zugleich 
aber finden sich bei den letzteren, an der mittleren Säule, einige tiefe 
Löcher und Risse (von unregelmässiger Stellung, so dass es nicht-Klammer- 
löcher von Gittern oder dergleichen gewesen sein können), in denen ich 
eben dieselbe tief rothe Farbe wahrnahm. Die letztere ist also, was sie 
auch sei, jedenfalls erst nach diesen Beschädigungen hinzugekommen. 
Für einzelne Vorkommnisse (wenn freilich auch nicht zur Erklärung 
der röthlichen Farbe an geglätteten Marmorflächen) dürfte schliesslich eine 
Bemerkung, die Ross gemacht hat, einen Fingerzeig geben können. Bei 
einem Bericht über die Ausgrabungen an der Südostseite des Parthenons, 
im Kunstblatt 1836, N0. 42, erwähnt er eines aufgefundenen bleiernen 
Farbentopfes, der noch zu einem Drittel mit Mennig gefüllt war. E1- 
erinnert hiebei daran, dass auf der innern Fläche der Säulentrommeln der 
Propyläen noch heute die mit Mennig geschrigbenen Zeichen der Stein- 
hauer und Bauleute zu sehen sind. „Ich vermuthe aber (so fährt er fort), 
dass man sich des Mennigs auch bediente, um den Marmor während der 
Bearbeitung mit einem leichten röthlichen Tone zu überziehen, wozu die 
heutigen Steinmotzen in Griechenland grüne Pflanzensäfte verwenden, damit 
seine blendende Weisse, zumal bei starkem Sonnenschein, den Augen nicht 
schade. Daraus würde es sich denn erklären, warum viele der in diesen 
Schichten gefundenen Marmorsplitter einen leichten röthlichen Anflug haben." 
Die Annahme, dass an den griechischen Marrnortempeln das Wesent- 
liche der Architektur, das eigentliche architektonische Gerüst, in der 
ursprünglichen Farbe des Steines  weiss  erschienen sei, ist somit durch 
die neueren Forschungen nicht widerlegt, sondern nur bestätigt worden. 
Dass bei den Bauwerken aus minder edlem Material ohne Zweifel doch 
einer, im Ganzen ähnlichen Erscheinung nachgestrebt sei, dürfte ebenfalls 
als durchaus wahrscheinlich festzuhalten sein. Die scheinbaren Ueberbleibsel 
rother Farbe an den grösseren architektonischen Flächen können im Allge- 
meinen nicht in Betracht kommen, und folgerecht wird überhaupt das ehe- 
malige Vorhandensein rötlilicher Farbe, wo sie_ nicht zugleich durch die 
Umrisse eines Ornamentes eingeschlossen erscheint, mit einiger Vorsicht 
aufzunehmen sein. Namentlich glaube ich hier von der wenig verbürgten 
röthlichen oder gar dunkelrothen Färbung des lnneren Architravs am Tlfe: 
seustempel absehen zu dürfen.  
Die Bemalung der griechischen Architektur erstreckt sich also im 
Wesentlichen auf dasjenige, was nicht dem architektonischen Gerüste ange- 
hört. Hiefür liegen gegenwärtig vermehrte Mittheilungerr vor, die einen 
reicheren Ueberbliqk über das ganze Verfahren gewähren und allerdings 
eine umfassendere Anwendiing desselben zu bezeugen scheinen, als ich
	        
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