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Antike Polychromie.
dige_Bedingniss, aus der wirren Flut der Einzel-Notizen und Behauptungen
zu einem Gesammtresultat zu gelangen, sich umfassender geltend gemacht
hat. Wäre ihr spezielles Ergebniss selbst ein verkehrtcs gewesen, srfwürde
sie darum noch nicht unbedingt überflüssig gewesen sein.
In den nächsten Jahren nach dem Erscheinen der Schrift, so lange
jener Eifer sich, durch allerlei erneute Forschungen und Mittheilungen,
noch thätig erwies und bis Andres mich selbst überwiegend auf andre
Beschäftigungen führte, habe ich ziemlich sorgfältig nachgetragen, was mir
bei eigenen Beobachtungen antiker Denkmäler und in den Angaben Mit-
strebender Belehrendes entgegen trat._ Ich habe darin manche Bestätigung
jenes Systemes, das ich aufgestellt, gefunden und bin im Einzelnen zu
mancher Modilication desselben genöthigt gewesen. Ich kann aber nicht
sagen, dass diese Moditicationen die Hauptsache, das eigentlich Wesent-
liche des von mir aufgestellten Principes berührten. Ich bin durch meine
weiteren Beobachtungen nur zu der Einsicht gelangt, der wir uns auch in
andern Beziehungen tausendfach bequemen müssen: dass die Dinge im
Leben sich nicht immer nach dem Princip, nach der WVesenheit ihres
Begriffes, nach dem Ideal gestalten, dass vielmehr Tradition, Gewohnheit,
Zufall gelegentlich auch starke Mächte sind.
Indess fühle ich mich jetzt, da ich im Begriif bin, die Arbeit über die
Polychromie meinen kleinen Schriften etc. einzuverleiben, doch in einer
eigenthümlichen Lage. Sollte ich, was ich nachträglich gesammelt, in den
Text hineinarbeiten? sollte ich es hier und dort in die Anmerkungen hinein
thun? Beides erschien mir bedenklich. S0 ungenügend zum Theil die
Notizen, auf denen meine Arbeit beruht, dem nachmals vermehrten Vor-
rath gegenüber sind, so erscheint mir das Ganze, indem ich die Schrift jetzt
wieder zur Hand nehme und ihren Inhalt durchgehe, doch zu einer Con-
sequenz gerundet, die zwischen sich nicht wohl etwas Fremdes dulden
würde. Ich hätte eben eine völlig neue Arbeit liefern müssen; diese aber
hätte einerseits etwas weitgreifende archäologische Studien nöthig gemacht,
zu denen ich einstweilen den Beruf in mir nicht fühle; andrerseits tritt
mir die alte Arbeit, wie sie in ihrer eigenthümlich abgeschlossenen
Richtung da ist, doch auch in einer Berechtigung entgegen, der ich das
Leben nicht absprechen mag. Ich wage es also, sie als ein Gegebenes
(etwa, als sei sie das Werk eines fremden Autors,) bestehen zu lassen, und
ich stelle ihr dasjenige, was mir anderweitig an Nachweisen und Mitthei-
lungen vorliegt und was sich daraus an eigcnthümlichen Resultaten ergeben
muss, im Folgenden einfach gegenüber.
Zur
Architektur.
Was ich an Zeugnissen alter Schriftsteller über die griechi-
sche Architektur beigebracht, ist von Chr. Waiz in den Heidelberger Jahr-
büchern der Literatur, 1837, N0. 14, f., einiger Erörterung unterzogen worden.
Walz gehörte zu den Freunden des Bunten und hatte mir somit manche
Einwürfe zu machen. Ich finde indess nicht, dass diese Einwürfe eine
Veränderung in meiner Auffassung des Einzelnen unbedingt nöthig mach-
ten. Nur das Eine gebe ich zu, dass ich auf die-Stelle bei Vitrllv (IV, 2)
von den blauen Holzbrettern in der alten Kunst an Stelle der späteren