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Polye-hromie.
Antike
müssen jedenfalls voraussetzen, dass dasselbe im Wesentlichen in seiner
natürlichen Farbe erschien; es wäre unsinnig gewesen, wenn man an ein-
zelnen Theilen ein andres, und zwar kostbares, Material angefügt und
dessen Eigenthümlicltkeit wiederum durch einen Farbenüberzug verdeckt
hätte. Mehrere dieser Werke mögen in eine frühere Zeit gehören; doch
nennt Pausanias unter ihnen eine Minerva Area zu Platäa, die von der
Hand des Phidias und eine llithyia zu Aegium in Achaja, die von dem
Elier Damophon (in der ersten Hälfte des vierten Jahrhunderts) gearbeitet
war Vitruv erwähnt eines kolossalen Akrolithen im Tempel des Mars
zu Halicarnass, aus der Mitte des vierten Jahrhunderts, von der Hand des
Leochares z). Ob in späterer Zeit Werke dieser Art ausgeführt wurden,
wissen wir nicht. Dass die Gewandung an diesen Statuen vergoldet war,
sagt Pausanias nur an einigen Stellen 3); bei einer von ihnen, der Statue
der Messene zu Messene, nennt er nicht Vergoldung, sondern geradezu
Gold 4). Bei den andern, wo er nur von dem Material des Holzes sprichtä),
müssen wir, wenn nicht auch an Vergoldung, so doch an einen Farben-
überzug denken, da jedenfalls das Holz an sich, in seinem nüchternen,
streitigen Aeusseren, in. keinem Verhältniss zu dem Charakter des Mar-
mors steht.
Das Elfenbein, welches in seinem weicheren Charakter den zarten
Verhältnissen des Nackten noch angemessener erscheint als der Marmor,
vertrat in den meisten Fällen die Stelle des letzteren. Pausanias beschreibt
namentlich eine Bildsäule der Minerva zu Aegina, an welcher Gesicht,
Hände und Füsse von Elfenbein, das Uebrige, wie bei den vorgenannten
Werken, von Holz und vergoldet, zugleich auch mit Farben geschmückt
war 6). Letzteres bezieht sich vielleicht auf den bunten Saum des Gold-
gewandes, wie wir durch die Analogie anderer Stellen und erhaltener Werke
zu sehliessen berechtigt sind. Noch führt Pausanias ein Paar andre Statuen
auf, einen Baechus im selinuntischen Thesaurus zu Olympia und einen
Endymion im metapontischen Thesaurus ebendort, beide als vermuthlich
von der Hand des Phidias. an denen dieselben äusseren Theile von Elfen-
bein waren 7). Da er hier nicht, wie bei den folgenden Werken, eines
besonderen, aus Golde gearbeiteten Gewandes erwähnt, s0_ dürfte auch hier
auf Holz, möglicher Weise mit Ffarben geschmückt, zu rathen sein.' Das-
selbe vielleicht gilt von der berühmten Statue des Aesculap auf der Burg
von Cyllene, einem Werke des Colotes, Phidias Schüler, bei der auch nur
des Elfenbeins gedacht wird S).
Ungleich häufiger jedoch, als mit vergoldetem Holze, erscheint das
Elfenbein mit einem wirklichen Ucberzuge von Goldbleeh verbunden;
in dieser Verbindung der kostbarsten Steife waren die berühmtesten Tempel-
statuen der Blüthezeit des griechischen Lebens ausgeführt. Schon im früh-
sten Alterthum war eine Zusammenstellung der Art bei den Griechen
beliebt f); von dem merkwürdigen Kasten des Cypselns (aus der Mitte des
siebenten Jahrhunderts v. G. der sich im Heräum zu Olympia befand,
hat uns Pausanias ein anschauliches Bild hinterlassen w). Der Kasten bestand