Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Ueber 
Polychromie 
die 
Architektur 
der griechischen 
293 
Corfu1). Ein andres, ebendort gefundenes Kapitäl deutet, in dem vor 
dem Abakus beträchtlich vorspringenden Echinus, in dem seltsam gewunde- 
nen Profil der Riemchen, Wiederum entschieden auf eine späte Ausartung 
dieser Motive. 
Ein Dorismus von durchaus mehr schwülstigen als strengen Formen, 
nnorganisch mit mancherlei fremden Elementen verbunden, zeigt sich dem- 
nach in den westlich gelegenen griechischen Staaten, sowohl in ihrer-Blü- 
thezeit (dem fünften Jahrhundert v. C. G., welches nothwendig die bedeu- 
tendsten Unternehmungen hervorgebracht haben muss) wie auch die Zeit 
ihres ferneren Bestehens hindurch, als allgemein verbreitetes Gesetz.  
Was die Monumente von Pompeji anbetrifft, so finden sich hier 
allerdings, neben der Verwirrung und der Willkühr römischer Formenbil- 
dung, häufig noch griechische Motive; aber auch diese in der Art, wie sie 
in Griechenland selbst nur an den spätesten Gebäuden, des dritten und 
zweiten Jahrhunderts v. C. G., vorkommen. Eben auf diese beginnende 
Verirrung des Geschmackes deuten auch die nicht seltenen scharfen Ein- 
schnitte zwischen den Gliederungen, die, um ein optisches Spiel von Licht 
und Schatten hervorzubringen, die Reinheit und Klarheit der Form bereits 
zerstören.  
Was endlich den ursprünglichen Baustyl der Etrusker anbelangt, 
so wissen wir davon nicht mehr, als was uns Vitruv über die offenbar 
nach ihnen sogenannte toskanische Ordnung berichtet 2). Wir sehen auch 
hier, wenigstens im Allgemeinen, etwas Schweres, Gesperrtcs und Breites 
vorherrschend, was mit dem Adel und der Grazie in den attischen Gebäu- 
den vollkommen nichts gemein hat. Dasselbe bestätigt uns der bizarre 
Geschmack, der sich aus den früheren Werken bildender Kunst bei den 
Etruskern darthut, und die handwerksmässige, häufig verdorbene Manier, 
in welcher sie nachmals griechische Bildungen nachzuahmen sich bemühten. 
Die Bedeutung 
der architektonischen Formen, 
den Monumenten von Attika. 
entwickelt 
3.11 
Vergleichen wir nun, allen bisher angeführten Monumenten gegenüber, 
diejenigen, welche in Attika zur Blüthezeit des attischen Lebens entstanden, 
 wie klar, edel und verhältnissmässig ist hier Form gegen Form gebil- 
det; auf wie bewunderungswürdige NVeise sind hier Kraft und Gesetz, 
Würde und Heiterkeit, Majestät und Anmuth mit einander verbunden! 
Nur unter dem segensreichen Eintlusse, welchen die jungfräuliche Schutz- 
göttin des Landes ausübte, konnte eine solche Reinigung der Formen 
Statt finden. 
1) Kanton, im Supplement zu den Alterithümernvon Athen, o. IX, Da die 
Säulen dieses Tempels sehr bedeutende Zwlschenwelten (von 21k, bis 3 Durch- 
messern) haben und da vom Friese kein Stück gefunden wurde, auch unter dem 
Bande des Architravs die Riemen und Tropfen fehlen, so scheint hier gar kein 
Fries vorhanden gewesen zu sein; das seltsam proßlirte-Kranzgesims bildet dann 
eine ganz angemessene Bekrönung über dem Arcbitrav. In der Restauration, 
welche Railton mittheilt, erscheint das schwere Gebälk, zumal bei dem ungeglie- 
derten Friese, als eine durchaus unverhältnissmässige Last über den weitgestell- 
ten Säulen, Nach meiner Ansicht entspräche dies Gebäude somit, in gewisse; 
Beziehung, der von Vitruv beschriebenen toskanischen Bauweise.  2) l_ [V_ 
e. VII,
	        
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