Polychromie der griechischen
Ueber die
Architektur
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Anlauf (bei den spätestgriechischeu Monumenten kommen verschiedentlich
Rundstäbe an dieser Stelle vor); Sodann stehen sie auf einer sogenannten
toskanischen Basis, die ebenfalls erst in der spätesten Zeit bei der dorischen
Ürdnung angewandt wird. _Ferner treten die Anten, deren Kopfgesims
merkwürdig SChWßT gearbeltet ist (das überschlagende Glied geht ohne
Unterbrechung in den Hals über), nach allen drei Seiten gleich breit vor,
während ihnen im Peristyl keine Säulen gegenüberstehen. Endlich zeigt
das Gesims über dem Gebälk des Pronaos Formen von mannigfach will-
knhrlicher und bewegter Zusammensetzung. Alles dies nöthigt uns, das
Monument in eine beträchtlich spätere Zeit hinabzurücken und somit, wie
bereits bemerkt, ein längeres Bestehen dieser schweren dorischen Verhält-
nisse in Sicilien anzunehmen.
Aber noch sind in diesen Gegenden gewisse abnorme Zusammen-
stellungen von Formen zu berücksichtigen.
Dahin gehört die Vermischung der dorischen und ionischen Ordnung,
die uns vornehmlich aus zwei Monumenten bekannt ist. Das eine ist ein
kleiner Prostylos auf der Burg von Selinunt, jener von Hittorif so
genannte Tempel des Empedocles 1). Säulen mit dorischer Canellirung,
ionischem Kapital, und ein Gebälk mit Triglyphen, Dielenköpfen und hohem
karniesförmigcm Rinnleisten. Die Dielenköpfe sind schmal, haben aber
dieselbe sonderbare Ausladung. wie die an den beiden nördlich gelegenen
Tempeln. Besonders ist die Volute des Kapitäls merkwürdig: ein schmales
Band, welches viermal, ohne alle Verbreiterung, um das Auge der Schnecke
umhergewunden ist. Dies widerspricht durchaus dem Gesetz, welches in
allen Schneckenbildungen des griechischen Mutterlandes seien Sie in
Kapitälen oder auch 'nur in freien Ornamenten angewandt bemerkt wird,
und dort überall eine lebendige, Feder-kräftige Wirkung bezeichnet. Nur
unter den erwähnten Resten des Heräums von Samos findet sich ein mit
Voluten verziertes Glied, wo dieselben in gleicher unelastiseher Weise
gebildet sind. Das zweite Monument ist das sogenannte Grabmal des
Theron zu Agrigent 2).
Sodann findet sich in verschiedenen Fällen .ein Hohlleisten als
oberste Bekrönung angewandt. Sehr vorherrschend erscheint derselbe als
Rinnleisten an dem Fragmente eines dorischen Gebälkes, welches in der
Nähe jenes selinuntischen Prostylos gefunden wurde 3). Ebenso als Bekrö-
nung dorischer Gebälke im Pronaos des Concordientempels zu Agrigent und
des Minerventempels zu Syracus, als Bekrönung des Unterbaues vom Grab-
mal des Theron u_ a, m, -Die Hohlleiste als oberste Bekrönung, vornehm-
lich gesammler Architekturen, ist wesentlich orientalisch; sie findet sich in
Perscpolis, wie in Aegypten, allgemein angewandt i): Auch hier dürfte
diese, dem Dorismus widerstrebende Form sammt JBIIOI ungriechischen
Volute leicht als ein äusserlich hinzugekommenes orientalisches Motiv.
durch (phönicisch-) carthagische Einwirkung s), z" erklären Sein.
1) Hittorif et Z. a. a. O. pl. XVI-XVIII. 2) Wilkins, a. a. O. c. III,
pt. XIX_XXI. 3) Hittorff et Z. a. a. Ü. pl. XVIII, 1. 4) Als krönende
Sima erscheint die Hohlleiste auch an einem Grabmale in Klein-Asien mit übri-
gens weich griechischen Profllirungen. S. Dnnaldsbxi, im Supplement zu den
Alterthiimern von Athen, c. VII, T. V. 5) D16 ionische Sänlenstellung im
iüneren Hafen von Oarthago, davon uns Appian (c. XCVI.) berichtet, können
Wir eben so gut, wenn nicht besser, altorientalischeu Traditionen als etwa grig-
cbischen Baumeistern zuschreiben, Die Geldbekleidnng an den inneren Wänden