Ueb er
der griechischen
die Polychromie
etc.
Architektur
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Berühmtheit der Tempel von Olympia und Bassae berechtigt sind) die Eigen-
thümlichkeiten der peloponnesischen Architektur zu bestimmen, so Iinden
wir fürs erste im Aeusseren der Monumente einen Dorismus von schwgrerer
und vermuthlich mehr alterthümlicher- Art, der sich besonders in den Säu-
lenkapitälen (den geschlechtlichen Erkennungszeichen der Baustyle) 9m-
schieden ausspricht. Alles deutet hier, die stark ausladende und ausge-
bogene Form des Echinus, die dreifache Zusammenziehung des Halses,
noeh auf einen Aufwand von Kraft, der sich der verhältnissmässigen Mittel
zur Erreichung seines Zweckes noch nicht vollkommen bewusst wurde.
Dagegen verhehlt sich in den mehr zurückliegenden 'l'hei1en der Archi-
tektur, in den Kapitälen der Anten und namentlich im Inneren der Tlempel,
eine orientalisirende Weichlichkeit, ein Ueberrest der diesen Gegenden
ursprünglich einheimischen pelasgischen Cultur, der mit jener dorischen
Formenhildung geradezu in Widerspruch steht. An der Giebelbekrönung
des Tempels von Bassae hat derselbe sogar dem Aeusseren frei seinen Stem-
pel aufgedrückt. Nur auf Aegina sind diese disharmonischen Motive ent-
schieden verschmäht worden, und es zeigt sich jener strenge Dorismus hier
in grösserer Conseqnenz durchgeführt.
Sicilische und italische Monumente.
An den Monumenten von Sicilien und Unteritalien zeigen sich im All-
gemeinen die Motive eines schweren, gedrückten Dorismus vorherrschend,
wie wir uns denselben bei seinem ersten Auftreten etwa vergegenwärtigen
dürfen. Doch sind wir dadurch nicht berechtigt, allen in Rede stehenden
Gebäuden der Art ein bedeutenderes Alter, als den sonst in Griechenland
bekannten des dorischen Styles zuzuschreiben; bei verschiedenen finden
wir die deutlichsten Merkmale einer späteren Erbauuugszeit. Wir müssen
im Gegentheil annehmen, dass diese svhweren. im Einzelnen sogar halb-
barbarischen Formen eben dem Charakter und der Gefühlsweise des Volkes
angemessen waren, und dass man in der Folgezeit, als von Attika aus ein
reineres Licht sich verbreitete, davon weder abgehen mochte noch konnte.
Nur wenige Gebäude bilden im Einzelnen eine Ausnahme.
Als ältere Monumente Sicilicns erscheinen die beiden nördlich gele-
genen Tempel auf der Acropolis von Selinunt 1). Schon ihr Gebälk
ist von eigenthümlich schwerer Formation. Ein fiberschlagendes Blattglied,
beträchtlich höher als die Hälfte der Hängeplatte, bildet deren Bekröriung.
Die Dielenköpfe sind ebenso von bedeutender Dicke und laden nach ihrer
Vorderen Seite in einer schrägen Linie aus, so dass sie wie eine Last an
der Platte hängen. Auch sind sie wechselnd breitei-aind schmaler-i über
den Triglyphen von je 6, über den llIewPen Von Je 3 Tropfen {T1 der
Breite, Die Schlitze der Triglyphen schliessen nach oben zu nicht in der
bekannten leichten Schwingung, sondern in einem massenhaften Bogen, der
an dem ersten Tempel einem Halbkreisbogeii, an dem zweiten sogar einem
Spitzbogen gleicht. Der Eehinuader Kapitale ladet _bei beiden fitark, in
einer quellenden, wnlstigen Linie aus. Darunter bildet sich eine Hohl-
kehle, die minder entschieden bei_ dem zweiten Tempel, bei dem ersten
aber stark eingezogen ist. Die Reliefs in den Metopen des zweiten Teni-
pels haben ebenso etwas ungemein Plunipes und Schwerfälliges; dass sie
1) Hittorff et Zauth.
Kuglßr, Kleine Schriften. I.
antique
Arohileeture
de lrz
Sicile.
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XIX-
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VXXXIX.