Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Tegernsee 
Wßrinher von 
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Adalbert und Otkar, Brüder, aus dem Königsgeschlechte der Agilolfinger, 
Herren im "Sundergau," stifteten unter dem Herzog Hugibert dies Benedic- 
tinerkloster zu Ehren des heil. Quirinus. Im Jahre 754 ward die Kloster- 
kirche geweiht; Adalbert ward Abt über die ersten 150 Mönche, deren 
Stamm der h. Othmar aus St. Gallen gesandt hatte. Er vermachte der Abtei 
sein bedeutendes Allode zum Grundeigenthum, und der König nahm sie 
unter seinen unmittelbaren Schutz. So war sie schon von ihrem Beginn an 
ein mächtiges Institut; ihr Vorstand hatte im Rathe des Landes und des 
Reiches Sitz und Stimme. 
Unter Karl dem Grossen ward Baiern fränkische Provinz; wie überall 
in seinen Reichen, so war er auch hier eifrig besorgt für die Einrichtung 
von Schulen und für die Verbreitung wissenschaftlicher Bildung. Sein Sohn 
Ludwig gab die nähere Verordnung, dass in den Klöstern der Unterricht 
der Oblaten von dcm der Laien getrennt werden solle. Dass man dieser 
Verordnung auch in Tegernsee nachgekommen sei, geht aus einer Urkunde 
hervor, in welcher zehn Scholastiker (Lehrer) genannt werden Ü, eine Zahl- 
welche für eine ungetheiite Schule dieser Art zu bedeutend sein würde. Es 
fehlen uns aus dieser Zeit nähere Nachrichten über Tegernsee; aber wenn 
wir von dem Bildungszustand andrer benachbarter Klöster auf jenes 
schliessen dürfen, so erfreute es sich eines regen Lebens in den Anfangen 
der Wissenschaft und Kunst. Doch konnten der bald erfolgende Verfall der 
karolingischen Herrschaft und die vielfachen Unruhen nicht wohl anders als 
hemmend wirken.- Eben so war König Arnulphs kräftige Regierung zu 
schnell vorübergehend, als  dass sie bedeutendere Folgen für die weitere 
geistige Entwickelung hätte haben können 2). Bald auch überzogen die 
Schaarcn der Ungarn das Land, verheerten dasselbe und trieben Tausende 
der Einwohner als Sklaven hinweg. Viele Klöster gingen in Flammen auf; 
Tegernsee theilte deren Schicksal. Endlich, im Jahre 955, wurde die Macht 
der Ungarn vernichtet. Doch der Herzog Arnulf und nach ihm Heinrich 
von Baiern nahmen jetzt den Klöstern, und so auch Tegernsee, noch das 
Letzte, was ihnen geblieben war, das Grundeigenthum, und gaben dasselbe 
an ihre Vasallen, welche jene schweren Kämpfe gegen die Ungarn zu be- 
stehen gehabt hatten. 
Tegernsee 
Ende 
des 
1 O. Jahrhunderts. 
Herzog Heinrich gedachte nach dem Tode des Kaisers, 0901-, die 
Krone an sich zu reissen; aber der Sohn des Kaisers, Otto II., zerstreute 
schnell und mit Nachdruck Heinrichs Anhang, setzte ihn selbst in Utrecht 
gefangen und übergab Baiern an seinen Vetter, Otto von Schwaben. Dieser 
bewirkte die Wiederherstellung von 'l'egernsee; Otto II. stellte das Kloster 
unter sein königliches Mundiburdium und belehnte den neu erwählten Abt 
Hartwich; alle der Stiftung angestammte Rechte und ihr Zuwachs in 
künftiger Zeit wurden der unbeschränkten Fürsorge des Abtes übertragen; 
1) Günthuer: Geschichte der literarischen Anstalten von Baiern. 1., S. 14; 
n. Freyberg, a. a. 0., S. 24, Anm.  2) Wir müssen indess erwähnen, dass die- 
selbe für die Kunstgeschichte Baierns nicht gleichgültig ist. So erbaute er sich 
eine Residenz zu Regensburg mit grosser Pracht; so schenkte er an das Stift 
S. Emmeram ein zierliches goldenes, mit Edelsteinen besetztes Feldaltärchen.
	        
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