Ueber die
der griechischen Architektur etc.
Polychromie
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Schatzhause des Atrens gefunden ist 1), wenigstens ein höchst beachtens-
werthes Beispiel. Indem wir von der gewundenen und im Zikzak umher-
geführteii Dekoration dieses Fragments absehen, ist es besonders die Profi-
lirung in den Gliedern der Wtählßrhaltenen Basis, die hier unser Interesse
in Ans ruch nimmt.
Eiili) starker Pfühl von etwas gedrücktem Profil bildet den vornehmsten
Theil derselben; über ihm erhebt sich ein anderes Glied, ein liegender Hohl-
leisten (nach Pomardüs Zeichnung bei Dodwell] oder ein leicht geschwunge-
nes Karnies (nach Donaldson), als Anlauf an den Schaft der Säule. Ein
Hohlleisten setzt unmittelbar unter dem Pfühl an und bildet den Ueber-
gang zu der Plinthe, auf welcher die Basis steht. Es liegt in dieser Zusam-
mensetzung der Glieder etwas ungemein Weiches, um nicht zu sagen:
Scliwankendes, welches den Anforderungen einer strengen Elasticität, die
wir in der Formirung der Säulenbasis suchen, kaum entspricht, und welches
wir, bei der Bedeutsamkeit dieses Theiles, mit vollem Rechte als charak-
teristisch für diejenige Architektur, davon er ein Ueberrest ist, ansehen
dürfen. Wir wollen diese Basis, der bequemercn Uebersicht wegen, die
pelasgische nennen.
Eine gewisse Verwandtschaft mit dieser pelasgisehen Basis zeigt die
ionische, vornehmlich die altionisclie, wie wir sie aus den Resten des
grossen Juno-Tempels von Samos kennen 2), dessen Umbau (er war früher
doriseh) nicht füglieh später, als in die Zeit des Polycrates gesetzt werden
kann, also beträchtlich vor die Blüthezeit der Kunst im griechischen Mut-
terlande fällt. In dieser altionisclien Basis fehlt zwar jener obere Anlauf,
und die Gesammtausladnng ist somit beträchtlich verringert; doch ist das
Pi-incip, welches der Formation der übrigen Glieder zu Grunde liegt, eben
dasselbe: ein Pfühl und eine Hohlkehle, welche letztere freilich vergrössert
und (der geringeren Gesammtausladung wegen) in selbständiger Kraft unter
dem Pfülile vertritt. Die fast überreichen Canellirungen beider Glieder
jedoch deuten hier wiederum auf den reichen Schmuck der pelasgisehen
Basis zurück. Die spätere, eigentlich sogenannte ionische Basis, welche
zwei kleinere, nicht canellii-te Hohlkehlen an die Stelle der einen grösseren
und canellirtene setzt in ihren verschiedenen Bildungen am Apollo-
Tempel zu Didymö und am Minerven-Tempel zu Priene ist nur
als eine weitere Ausbildung jener zu betrachten.
Auf der andern Seite zugleich ist eine Uebereinstimmnng indem Profil
eben dieser altionisclien Basis mit dem der persischen an_ den_Säiule_n
von Persepolis nicht; zu verkennen, an deren Behäften zugleich die ioni-
scheu Canellirungen, sowie an den Kapitaleu die ionisehen Voluten (diese
nur in andrer Anordnung) enthalten sind, sowie auch das ionische Grebalk
in Seine,- ejggnthümljchen Durchbildung (nur mit_Ausiiahme des griechischen
Frieses) an den Felsgräbern oberhalb Persepolis vorkommt). Und wie-
demm können wir auf keine Weise annehmen, dass diese Formen von den
Persern, einem ungebildeten, kriegerischen Volke erfunden seien; sie können
dieselben nur, sammt den übrigen Elementen ihrer ßultur, von den Medern
empfangen haben, so wie diese auf gleiche Weise von den Babyloniern.
Für ein so hohes Alterthnm dieser persischen Formen spricht zugleich die
S. 274; Anm. 1.
Travels in Georgia,
2] Alterthümer von Jonien, c. V, T. 5.
Persia, Armenia, ancient Babylonia etc,