Ueber die Polychromie der
griechischen Architektur etc.
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chcn Gegenständen nicht-allzugenauen Reisenden dürfte Niemandem ein
Anstoss sein 1).
Der ionisohe Tempel am Ilissus. Hier war der obere Streif des
inneren dreitheiligen drchitravs mit einer ausgezeichnet schönen, etwas
strengen Palmettenverzlerung bemalt 2).
Das choragische Monument des Lysicrateszu Athen zeigt
ebenfalls verschiedene Reste von Bemalung, namentlich an den übereinander
aufsteigenden Kränzen der Bekrönung, deren Blätter abwechselnd in ver-
schiedenem Grün und Roth gefärbt waren. Ebenso haben sich im Win-
dothurm, an einem der inneren Gesimse, Farbenspuren erhalten 3).
Die äusseren Propyläen des Ceres-Tempels zu Eleusis.
Von dieser Copie der athenischen Propyläen sind Farbenreste an den Cas-
saturen der Decke vorgefunden. Sie enthielten in ihrer oberen Fläche grün
und roth gefärbte Sterne (ohne dunkleren Grund) und Eierverzierungen
von ähnlicher Farbe an den Wulsten. Auch die Stirnziegel dieses Gebäudes
sind ursprünglich bemalt gewesen 4). Ebenso hat man Umrisse der Sterne
in den Cassaturen der Decke der inneren Propyläen entdeckt 5).
Der grössere Tempel zu Rhamnus. Hier haben sich wiederum
Sehr reiche Spuren von farbigem" Schmucke erhalten. Aehnlich wie am
TheSGus-Tempel von Athen, zeigen sich an der Bekrönung der Cellenwand
im Peristyl breite Bänder, von denen das untere mit einem Mäander, das
oberemit einem Palmetten-Ornament geschmückt war; über jedem der-
selben befinden sich überschlagende Glieder, mit Blättern bemalt, Auch
an den Cassaturen der Decke haben sich Farbenreste-gefnnden; der Grund
derselben war, wie es scheint, blau, mit goldenen Sternen. Die Umrisse
jenes Blätter-Schmuckcs zeigen sich ausserdem an dem Kapitäl der Anten,
welches genau dem des Parthenon nachgebildet ist. Der Rinnleisten des
Giebcls, hier zugleich an den Langsciten fortgeführt, hatte ebenfalls eine
farbige Verzierung, die den Marmor vor dem Eintlusse der Luft geschützt
hat, so dass sie jetzt in einem leisen Relief erscheint").
Aus dem Vorhergehenden sieht man, dass die Farbenspuren, Welche
an den attischen Monumentcn, den schönsten Erzeugnissen der griechischen
Kunst, gefunden sind. wesentlich nur als eine Decoration der architektoni-
schen Glieder erscheinen. Wir haben jedoch bereits angedeutet, dass Ein-
zelne auch von den Spuren eines ehemaligen Anstriches an den Architraven,
den äußeren Cgngnwändel], den Säulen des Theseus-Tempels sprechen;
ja, Herr Sempgr erklärt mit Entschiedenheit, dass die Monumente ganz und
gar mit Farbe bedeckt "gewesen seien, so dass selbst an den Stellen, wo
man etwa eine weisse Farbe beabsichtigt, keinesweges der _weisse Marmor,
S011d0rn ebenfalls eine aufgesetzte Farbe erschienen sei 7). Diese Aeusserung,
Möglichvrweise jedoch sind die von Dodwell erwähnten Fragmente auch
auf die Säulen von Jaspis, die den Chor der Kirche vom Schiff sonderten, und
auf diß Porphyrsänlen des Tabernakels über dem Altar zu beziehen, deren Whe-
ler (Voyage de Dalmatie, de Gräce etc. Vol. II, 0.1141. 325) erwähnt. 2) Die
Alterthiimer von Athen, Thl. I, c. II T. VIII. (Deutsche Ausg. Lief. II, T. 2.)
3) Museum a. a. 0. No. 33, S. 262. 4) Unedirte Alterthiimer von Attika,
O. 11, '11 X_ und T. vul, 5. 5) Ebendaselbst C. III, T. VIII, 1. ß) Eben-
daselbst O. VI. 7) A, a. O. S. 19, Anm, Schon vor einigen Jahren hat auch
Bröndsted, obgleich noch halb zweifelnd, eine solche Meinung angedeutgt
S. Reisän und Untersuchungen in Griechenland, II, S. 145, Anm. 4.