Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Antike Polychromie. 
An dem nördlichen Seitengebäude der Propyläen finden sich ähnliche 
Gliedermalungexi, wie im Innern des Hauptgebäudes. 
Das Erechtheum (Tempel der Minerva Polias). Was dies 
in zierlichstei- Anmuth ausgeführte Gebäude betrifft, so fehlen uns hier 
bestimmte Angaben über etwa noch vorhandene farbige Verzierung fast 
ganz. Inwood theilt das Bruchstück einer Cassette mit, welche von einem 
gemalten Mäander umgeben war1). In dem vertlochtenen Pfühl, welcher 
in den Kapitälen dieses Tempels zwischen dem Kanal der Schnecken und 
dem Echinus befindlich ist, waren in gewissen Zwischenräumen farbige 
Steine oder farbiges Glas, abwechselnd roth, blau und gelb, eingesetztg). 
Die Ueberreste metallener Nägel in den Rinnen zwischen den Kanälen, in 
dem vertieften Auge der Schnecken, so wie an den Seiten der Kapitale 
beweisen, dass hier ursprünglich noch ein anderer Zierrath angebracht 
war 3). Dass eine Verzierung des Schneckenauges am ionischen Kapitale 
zur Blüthezeit der attischen Kunst nicht ungewöhnlich war, beweisen noch 
andre von Inwood mitgetheilte schöne Fragmente. Eins derselben hat in 
dem Mittelpunktrdes Auges ein scharfes Loch, _ofl'enbar um darin einen 
besondern Zierrath zu befestigen; bei zwei andren sind die Augen mit 
zierlichen achtblättrigen Rosetten geschmückt i). An dem oberen Streifen 
des Architraves der Karyatidenhalle sind runde Schaalen ausgemeisselt; die 
Linien an einer derselben deuten ebenfalls auf eine bedeutendere Verzierung, 
welche für diese bestimmt war 5).  Noch ist einiger Säulen aus grünem 
Marmor zu gedenken, die man im Innern des Erechtheums gefunden hat, 
und deren die eine sich seit etwa dreissig Jahren in der Universitäts-Biblio- 
thek von Cambridge befindet"), die andre neuerdings durch Semper bei 
Gelegenheit einer Ausgrabung entdeckt worden ist 7). Wir bedauern, dass 
wir über die Formation dieser Säulen weder nähere Nachrichten noch Zeich- 
nungen besitzen, um gewiss zu sein, dass dieselben nicht etwa einer spä- 
teren Veränderung aus der Zeit des Mittelalters zuzuschreiben sind. Mit 
Bestimmtheit müssen wir wenigstens vom Parthenon annehmen, dass die 
Säulenfragmente von rothem Porphyr und grünem Marmor, welche Dodwell 
in dessen innerem entdeckt hat R), dem Umbau des Gebäudes in eine christ- 
liche Kirche zuzuschreiben sind, von der uns Tavernier berichtet, dass sie 
im Inneren von sehr schönen Säulen aus- Porphyr und schwarzem Mar- 
mor getragen werde 9). Der letztere Ausdruck dieses, in den bezügli- 
1) The Ereclztheion of Athene by H. W. Inwood, T. V  2) Die Alter- 
thümer von Athen, Thl. II, c. II, Anm. 42. v. Stakelberg, der Apollo-Tempel 
zu Bassae in Arkadien. S. 34.  3) Die Alierthümßf W11 Athen, a. a. O.  
4) The Erechtheion of Athens, T. XXJII, XXV, XXVIII. Auch an den ioni- 
sahen Kapitälen des Tempels der Minerva Polias zu Priene in Klein-Asien zeigt 
sich im Auge der Schnecken ein scharf eingebohrtes Loch. S, die Almrthümer 
von Jonien, Thl. I. c. II, T. VI.  5) Die Alterthiimer von Athen, a. a. O. 
Anm. 50  6) E. D. Glarke: "Greek Marbles brouglzt frmnlthe shores of the 
Ewvine, Archipelago, und Mediterranean, and deposited in the Vestibule of the 
public library of the University of Cambridge 1809.  7) Vorläufige Bemerkun- 
gen, u. s. w. S. 12. Anm.  8) Dodwell, mm- etc., V. I, p. 331.  9) Vvyage 
de Ferse, I. III. Es ist bekannt, dass Stuart die Spuren dieser Säulen des 
christlich-mittelalterliehen Baues für die der antiken Hypäthral-Einrichtung nahm, 
dagegen Cockerell neuerlich die ächten Spuren der antiken Säulen entdeckt hat. 
Dieser waren nur 16 und von grösseren Verhältnissen, wie es das Hypäthron 
erforderte. (Vergl. die AlÜGHIlIÜIDGIVVOYI Athen, Thl. II, c. 1, Anm. 27 und 
Bröndsted, Reisen und Untersuchungen in Griechenland, II, S. 293.
	        
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