Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Ueber 
Polychromie 
die 
der 
Architektur etc. 
griechischen 
271 
den buntfarbigen Marmor entstand. Plinius beklagt sich bitter über diese 
Eitelkeit des Geschmackes:  fahrt er fort, „wir haben sogar ange- 
fangen den Stein zu bemalen. Dies ist unter der Herrschaft 
des Claudius erfunden. Unter der des Nero hingegen: Flecke, wo sie 
nicht vorhanden, durch Uebertünchung hervorzubringen und die Einfarbig- 
keit bunt zu machen, auf dass der numidisehe Marmor Eier-artig erscheine, 
der synnadische durch Purpur sich unterscheide  Können wir nur mit 
einiger Wahrscheinlichkeit voraussetzen, dass dem Plinius die griechische 
Weise, Marmortempel anzustreichen  wenn eine solche seit 500 Jahren 
ausgeübt wurde  unbekannt geblieben sei, dass er so ganz ohne Grund 
den Anfang der Marmorbemalung unter die Regierungszeit des Claudius 
gesetzt habe?  Eben mit derselben Angabe stimmt auch Seneca 2) überein. 
Nicht zu übersehen ist ferner der Umstand, dass in der Regel auf den 
Vasengemälden des vollendetsten Styles die dargestellten Tempelarchitek- 
turen in weisser Farbe gehalten sind, während die Figuren sich, wie 
bekannt, roth vom schwarzen Grunde ablösen. Nur das Gesims und der 
Hals der (ionischen) Säulen zeigen insgemein einige gelbe Streifen. Wie 
wäre man hier gerade auf eine weisse Farbe verfallen, wenn die wirklich 
vorhandenen Gebäude sich vollkommen bunt gezeigt hätten? 
Alle Zweifel endlich, welche nach der Summe dieser Bemerkungen 
noch zurückbleiben dürften, werden durch eine Aeusserung Herodofs 
beseitigt. Dieser  ein Zeitgenoss des Pericles, also der Blüthezeit grie- 
chischer Kunst  berichtet von einem Orakel, welches den Siphniern von 
der Pythia gegeben war und welches also begann: 
weiss in Siphnos das Prytaneion 
Markt aussieht, u. s. w. 
Wenn einst 
W eiss der 
erscheinet, 
"Der Siphnier lllarkt und Prytaneion aber," fährt er fort, „war dazumal 
(als das Orakel in Erfüllung ging) mit p arischem Steine geschmückt  
 Nicht die einzelne Angabe über die weissen Gebäude der Siphnier, 
sondern der Grund, warum sie weiss waren,  von dessen Vollgültigkeit 
das versammelte Griechenland, dem Herodot seine Geschichte zu Olympia 
und zu Athen am Feste der Panathenäen vor-trug, überzeugt sein musste, 
 ist es, was uns diese Stelle so höchst wichtig macht. Die entschiedene 
Schlussfolgerung, welche diese Angabe uns gewährt, lautet demnach: Was 
in der Blüthezeit der griechischen Kunst von parischem Mar- 
mor-und wir dürfen ohne Bedenken hinzusetzen: von jedem 
edlen weissen Marmor, namentlich dein pentelisehen zu 
Athen  erbaut worden war, erschien im Aeusseren wesent- 
lich als weiss. Wir haben die früheren,_ nicht auf solche Weise ent- 
scheidenden Zeugnisse nur desshalb mitgetheilt, damit die Stelle aus dem 
Herodot nicht zu vereinzelt dastehen und vielleicht gar ihre Aechtheit 
an efo hten werden möchte. 
gDii Meinung derjenigen, welche ein,. alle Thei1e_ der Architektur 
nmfasscndes pgbvchyomes System auch auf die acht hellenischen Monumente 
ausdehnen wollen, hat somit keine schriftlichen Zeugnisse für und die 
1) 14m. Nat. hm. z_ XfYXV, c. 1. 1- 2), Epfsf.  ß) 34123 Eimv äv 
Ziqavqu ßqvravrjiq lsvua ysainraß? 4ewwlr9vs '11: 019190917, u. z. 1.. Toiar. öä 
Zßqwiozaß 16:2 1'111 i riyogq um ro azgvrocvqlbw Hozgiq: Älßga üdnnyäyq, 
{frrorL z. m, c. M. 
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.