Ueber
die Polychromie
Architektur etc.
der griechischen
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Pausanjas berichtet nämlich, bei seiner Beschreibung der Jupiter-
Statue zu Olympia, dass die Brustwehr, welche die Statue umgab, mit
Gemälden des Panaenus geschmückt, der Thür gegenüber jedoch ein-
fach blau angestrichen war Eine seltsame Idee des Künstlers, der bei
dem Reichthum des ganzen Werkes nur an dieser Stelle eine plötzliche
Leere beabsichtigt und die kostbaren Gemälde an die Seiten versteckt
haben sollte 2)! Künstlerisch vernünftig können wir diese Stelle nicht anders
verstehen, als wenn wir mit Völkel-i) annehmen, dass die Worte "der Thür
gegenüber" nicht auf die entfernte Eingangstliür, sondern auf die unmittel-
bar hinter der Statue befindliche Thür des Opistliodoms zu deuten sind, so
dass alee an dem hinteren Theile der Brustwehr, wohin wenig Beschauer
kamen und wohin nur ein geringes Licht fallen konnte, die Gemälde über-
flüssig waren. Wenn dieser Theil aber blau angestrichen wurde, so liegt
es nahe. in seiner Farbe eine gewisse Uebereinstimmung mit den umlie-
genden Wänden der Cella zu suchen; waren diese weiss, so hätte man,
wie es scheint, die YVand der Brustwchr am Füglichsten ebenfalls weiss
gelassen. Docli giebt diese Schlussfolgerung, falls sie nicht gesucht erscheint,
immer nur einen Beweis für das Innere eines Tempels, der freilich zu den
bedeutendsten des griechischen Alterthunis gehört.
Dass so wenig Stellen in den alten Autoren vorgefunden werden, welche
auf die Anwendung der Farbe in der Architektur zu beziehen sind, wird
von den Bekennern und Vertlieidigern der Polychromie dahin erklärt, dass
jene eben gar kein Bedürfniss empfunden hätten, ihre Zeitgenossen über
etwas allgemein Uebliclies zu unterrichten. Immerhin ein Grund, dem man
im Allgemeinen seine Richtigkeit zugestehen könnte. Wie aber, wenn sich
in den Alten andere Stellen vorfinden, welche gerade gegen die Polychromie
in der Ausdehnung wenigstens, wie sie neuerdings aufgestellt wird,
Zeugniss geben?
Es ist schon oft bedauert worden, dass Pausanias, wenn er von Tempel-
gebäuden spricht, fast gar keine näheren Angaben über ihre Beschaffenheit
inittheilt. In Bezug auf unser Interesse finden wir nichts als zuweilen die
Angabe des Materials, aus welchem die Gebäude errichtet waren. Vielleicht
führt jedoch schon dies auf einige Resultate. Ausser verschiedenen Bau-
werken, welche aus Ziegeln bestanden 4), erwähnt er des Poros-Steines
bei dem Jupiter-Tempel zu Olympia und bei der ebendort befindlichen
breiten Mauer in der Altis, an welcher die Thcsauren sich befanden 5).
Ziegel und der rauhe Poros machten bekanntlich, um die vollkommene
Glätte der Mauern und Schärfe der Gliederungen hervorzubringen, einen
Stllcküberzug nethwendig; und es liegt in der Natur einer allgemeinen
KüüSt-Entwickelung, dass die mit einem Stucküberzuge versehenen griechi-
schen Monumente, wie in der Form, so auch in der Farbe ein gewisses
Verhältnlse zu den aus weissem Marmor errichteten Prachtbauten beobachtet
haben werden. Was von letzteren zu erweisen ist, dürfte somit mehr oder
minder auch die Farbe jener erklären-
Des M arm ors in seiner allgemeinen Bezeichnung als w eissen Stein es
a) L y, c_ XI, 2, 2) QuatrernIere-de-Quincy giebt in dem Titelblatte seines
Jupiter Oly1npi671 die Darstellung der thronendeu Statue auf diese Weise.
K) Archäologischer Nachlass. S. 51. f) l. II,_ c. XVIII, 3. ib. c. XXVII, 7.
l. V, a, V, 4. l. X, o. IV, 3. ib. c. ÄXXV, 0- 5) l. V, c. X, 2. Z. VI, v,
XIX, 1.