Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Antike 
Polychromie. 
Sein dürfte, bei der obigen Annahme verharren und beide Gebäude uns 
vollständig grün und roth angestrichen denken, so können wir immer nicht 
llmhill, zuzugeben, dass dies einbesonders anzumerkender Fall war, der 
jene Gebäude eben von andern unterschied. Auf keine Weise sind wir 
also berechtigt, wie es Hittorff 1) gethan, hieraus einen Schluss auf die 
Behandlung sämrntlicher Architekturen, Tempel u. s. w. in Griechenland 
zu machen. Raoul-Roehette 2) hat diese naive Schlussfolgerung bereits 
genügend zurückgewiesen. 
Sodann erwähnt Vitruv, wo er von seiner Herleitung des Gebälkes aus 
dem Holzbau spricht, der Bretter, die, in der Gestalt der nachmaligen 
Triglyphen, vor die Balkenköpfe genagelt und mit blau em Wachse bemalt 
werden seien 3). Wir dürfen aus dieser letzteren Aeusserung  um hier 
auf seine oder seiner Lehrmeister Hypothese vom Ursprünge der Architek- 
turformen aus dem Holzbau nicht weiter einzugehen  vielleicht schliessen, 
dass er wirklich dorische Monumente mit blauen 'l"riglypbel1 vor Augen 
hatte. Doch scheint es, da er über einen Gebrauch der Vorzeit berichtet, 
dass man dabei eben mehr an alterthümliehe Monumente als an die eines 
entwickelten Styles denken muss, zugleich an solche, welche ihm, wie die 
etruskischen oder sicilischen, näher lagen als die hellenischen,  ein Unter- 
schied, dessen Wichtigkeit später entwickelt werden soll. 
An einer andern Stelle 4) spricht Vitruv von den Peristylen, Exedren 
und andren offenen Räumen, deren Wände mit Mennig angestrichen 
wurden. Da er aber kurz vorhers) äussert, dass die übertriebene Anwen- 
dung dieser kostbaren Farbe, so dass man ganze Wände damit überzogen, 
erst zu seiner Zeit aufgekommen sei, so können wir aus diesem Umstande 
wenigstens nicht auf die Blüthezeit der griechischen Architektur zurück- 
schliessen. 
Plinius erwähnt eines Tempels der Minerva zu Elis , in welchem der 
Maler Panaenus, der Bruder des Phidias, den Anwurf oder Stucküberzug 
der Wände in einer Auflösung von Milch und Safran aufgetragen B). Man 
könnte demzufolge auf eine gelbliche Farbe der Wände schlicssen, wenn 
das Geschäft eines solchen Anstreichers nicht für einen ausgezeichneten 
Künstler verwunderlich wäre; Böttiger erklärt diese Angabe einfach dahin, 
dass hier nur von dem Grunde nachmals auszuführender Bilder die Rede 
sei 7). Doch ist die ganze Stelle eine von den vielen wenig bedeutenden 
Künstler-Anekdoten, in deren Aufsammlung Plinius sich wohlgefallt: die 
Hauptsache ist ihm der Safrangeruch, der noch zu seiner Zeit entstanden 
war, wenn man jene Wand mit Speichel gerieben. Ich weiss nicht, ob 
man hielnit etwa eine Angabe Plutarelfs verbinden darf, der von einigen 
marmornen Denksteinen, die um einen Tempel der Dialla PrOSGOa auf der 
euböischen Küste standen, erzählt, dass dieselben beim Reiben ebenfalls 
den Geruch und sogar die Farbe des Safran gezeigt hätten S). Letztere 
also mussten vor dem Reiben sogar weiss erscheinen. 
Dies sind die ganz einzelstehenden und wenig bedeutenden Aeusserungen 
der Alten über polychrome Architektur. Die Ausmalung der_ Zimmer kann 
hier natürlich nicht in Betracht kommen. Wir fügen noch eine Stelle bei, 
welche ein genügenderes Resultat zu versprechen scheint. 
1) Annali dell" institulo etc. p. 266.  2) 
z. V11, c, 1x.  S) z. VII, c. V.  6) Plin. 
 7) Ideen zur Archäologie der Malerei. 5,244. 
   
Naä h-ist. z. xxx VI: c. xxuz. 
 ß) Plut. Themistoclcs, c. VIII.
	        
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