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Polychromie.
ltike
Jupiter 1) einer neuen Ansicht zuerst entschiedene Bahn brach, indem er
die vielfache Anwendung der Toreutik bei den Griechen augenscheinlicher-
darzulegen und diese, so wie die polychromc Sculptur überhaupt, Zll V81"-
thßidigen und zu würdigen suchte. Doch ist das umfangreiche Werk, in
Bezug auf den vorliegenden Umstand, noch mit grosser Mässigung abge-
fasst. Neuere gingen seinen Schritten nach, neue Entdeckungen und Unter-
suchungen lieferten wirkliche oder scheinbare Bestätigung und Erweiterung
seiner Ansicht, und bald kam man zu dem Punkte, dass man im Gegensatz
gegen jene ältere Theorie, in der Plastik, wie sie von den Griechen aus-
geübt worden, eine vollständige und bis zur Illusion getriebene Nachahmung
der Natur sehen wollte. Völkel namentlich, der sich früher nicht in die
Pracht und die Fülle bei Phidias Darstellung des chryselephantinen Jupiter
zu Olympia hatte finden können 2), sprach es nunmehr mit Bestimmtheit
aus, dass die Griechen der besten Periode nicht nur ihre Statuen ganz und
gar und mit den verschiedenen Localfarben bemalt, sondern dass sie daran
sogar Schatten und Lichter aufgesetzt hätten 3). Andre haben diese Ansicht
unterschrieben.
Ebenso war es mit den Untersuchungen über griechische Architektur
der Fall. Auch hier stellte man die Entdeckungen von Farbenresten, die
vornehmlich an den Details gefunden waren, zusammen, indem man es
jedoch anfangs in der neuen Ausgabe von Stuarts Alterthümern
von Athen, in den von der Gesellschaft der Dilettanti herausgegebenen
Alterthümern von Attika u. a. m. bei der einfachen Angabe des
Thatbestandes bewenden liess. Mit einem vollständigen Systeme polychromer
Architektur trat zuerst Hitt0rff') auf. Bei den Untersuchungen sicilischer
Monumente war letzterem eine ungleich ausgedehntere Anwendung der
Farbe entgegen getreten; er verband hiemit, was Andre _an grossgriechischen,
etruskischen, attischen u. s. w. Monumenten vorgefirndeh hatten, sammt
seinen eigenen Hypothesen, und iingirte hieraus ein Ganzes, dem wenigstens
der Beifall französischer Kunstkenner nicht fehlte 5). Noch entschiedener
hat sich neuerlichst Herr Semper ausgesprochen S), indem er, auf eigene
Studien in Griechenland gestützt, an allen, auch den edelsten Monumenten
der perikleisehen Zeit einen vollständigen Farbenüberzug entdeckt haben
will und demnächst die Herausgabe dieser, nach gemeinsamem Systeme
restaurirten Monumente mit ihrer Bemalung ankündigt. Herr Semper hat,
auf seiner Rückkehr von Griechenland, in Berlin in verschiedenen Kreisen
einen grossen Theil dieser seiner, gewiss höchst geistreichen Restaurationen
1) Le Jupiter Olympien, ou l'Art de la Sculpture antigue considm-ä
sous un nouveau point de vue; ouvrage qui comprend un essai am L6 90a; de 1a
aculpture polychrome, Fanalyse explicative de la tureutique, et l'histoire de la
Statuaire en or et ivuire chez les Grecs et les Romains, avec Ia Reslitution des
principaux Monuments de cet Art et la Demonstration pratique ou le Renozwel-
Zement de ses Procädäs nzäcaniques par M. Quatremere-de-Quiozcy.
2) Ueber den grossen Tempel und die Statue des Jupiter 'zu Olympia, 8.166 u. a.
3) L. VölkeFs archäologischer Nachlass, herausgegeben von K. O. Müller.
l. Heft. S. 82. 4) De Farchitecture polychrönze ohez les Grecs, ou restitution
compläte du temple dwmpädocles, dans Facropolis de Sölinu-nte, in den Avmali
dell" instituto di cvrrispondenza archeologica. Vol. II. p. 263 sqq. 5) Vergl.
Säance publique de la sociätä libre des beaux arte, le 25. Däaembre 1831. p. 20
8qq_ 6) Vorläußge Benmerkungen über behaalte Architektur und Plastik bei
den Alten.