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ZUY
Geschichte der
Ausbildung
der
Baukunst
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(ljegelbgn schweren Hauptverhältnisse, verbunden mit einer Menge einzelner
Details, die aufs Augenscheinlichste eine beträchtlich spätere Zeit seiner
Erbauung darthnn und deutlich auf das dritte Jahrhundert vor Chr. G.
hinweisen, da sich in Kunst und Literatur mannigfach arehaistische Bestre-
bungen der Art geltend machten. Aus gleichem Grunde, wie bei letzterem,
möchten auch schwerlich triftige Beweise zu finden sein, um dem bekannten
Tempelruin zu Korinth das usurpirte hohe Alter bestätigen zu können. WVie
der Verfasser aber darauf kommen konnte, die beiden genannten Tempel
von Agrigent und sogar den Apollo-Tempelwon Delos, die eine nahe Ver-
wandtschaft mit den ächthellenischen Gebäuden aus der Zeit des Perikles
darthun, so beträchtlich zurüekzudatiren, sehen wir nicht wohl ein.
Ebenso unbegründet und nur aus einseitigen Voraussetzungen hervor-
gegangen ist es, wenn der Verfasser die prachtvollen Kapitale des Erech-
theums erst der Vollendung des Baues nach dem Jahre 409 v. Chr. G.,
da die bekannte, im britischen Museum befindliche Bauinschrift abgefasst
wurde, zuschreibt. Nur von den Kapitälen der Halbsäulen auf der West-
seite können wir diese Ansicht gelten lassen. Hier zeigt das Ornament des
Halses, obgleich dasselbe noch reicher ist als an dem zierlichen viersäu-
ligen Portikus der Nordseite, wirklich eine spätere, minder reine und edle
Form: die Palmetten, sowie die kleinen Voluten, daraus sie hervorwachsen,
haben etwas Schweres und Gedrucktes, und die Kelche sind minder streng
gebildet. WVir verdanken diese Kenntniss den ausführlichen und genauen
Zeichnungen, welche I-lr. Schaubert neuerlichst von den Details der
athenischen Gebäude ausgeführt hat.
Die Construction endlich, welche der Verfasser für die Zeichnung des
dorischen, sowie des ionischen Kapitals verschlägt und welche er aus der
Eilinie durch verschiedene I-Iülfs- und Querlinicn abstrahirt, scheint uns
dem einfachen Sinn und dem freien Gefühle der griechischen Kunst wenig
angemessen (wenngleich wir nicht in Abrede stellen wollen, dass dieses
Gefühl (len einfachsten Gesetzen der Natur entsprechend ist). Auch stimmt
dieselbe wenig mit den erhaltenen Monumenten überein, namentlich das
so gewonnene Prolil des dorischen Echinus weder mit den attischen Monu-
menten aus der Zeit des Perikles, noch mit den vom Verfasser besonders
vorgezogenen Kapitälen von Korinth und Metapont. Die hieher bezügliche
Zeichnung auf Tafel 9 aber ist jedenfalls unrichtig; das Blatt wird gewiss
umzukehren und der Abacus auf die linke Seite der Figur zu setzen sein:
wir können nicht voraussetzen, dass der Verfasser uns das Profil des
dorischen Echinus in einer Karnieslinie construiren wollte.
Die beträchtlichen Beilagen des Buches handeln, ausser der oben-
genannten über den Salomonischen Tempel, VOII den Musen, von der
Form der ältesten griechischen Münzen, vom Theater der
Alten, von den Arabesken und von den Gegenständen der Archi-
tektur auf Münzen.
Druck und Papier dieses Buches sind sehr anständig, die lithogra-
phirten Tafeln aber nicht; es scheint in letzterem Bezuge ein eigener
Unstern über unsern architektonischen Handbüchern zu walten.