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und
Berichte
Kritiken.
Chronik verworfen wird. Der Verfasser sucht diese Angabe dadurch zu
retten, dass er der Vorhalle eine, den ägyptischen Pylonen ähnliche Ein-
richtung giebt und zwei thurmähnliche Aufbaue, jeden zu 60 Ellen, annimmt.
Doch müssen wir gestehen, dass uns diese Auslegung gezwungen erscheint.
Wie sehr letzteres der Fall ist, geht besonders aus der Zeichnung des
Verfassers hervor, indem er (T. 7) die beiden Theile des Pylon, bei seiner
geringen Grundfläche, nur durch zwei Schornstein-ähnliche Zacken andeuten
konnte, die über der sonst ungetheilten Pyramide des Eingangesempor-
steigen. Will man die genannte oder überhaupt nur eine bedeutende Höhe
der Halle beibehalten, so könnte man sich vielleicht dadurch helfen, dass
man die angegebenen Maasse der Länge und Breite nur vom Inneren (vom
Lichten) annähme und die äusseren Dimensionen beliebig vergrösserte.
Freilich würde dann der weltberühmte Tempel leicht als ein blosses
Appendix der Halle erscheinen.
Die beiden ehernen Säulen Jachin und Boas stellt der Verfasser (nach
dem Luthefschen Texte) vor den Tempel, im Gegensatz der neueren
Annahme Meyer's, der dieselben das Dach der Halle tragen lässt, indem
der Grundtext sie als „an der Halle befindlich" bezeichnet. „Sollte auch
der Philolog (sagt der Verfasser) die Meinung Meyeris gelten lassen, der
Architekt wird nie beipfliclrten. Nur durch eine freie Aufstellung erhalten
die Säulen das Feierliche und die bedeutungsvolle Würde, die der Zweck
der Aufstellung der Säulen ist." Wir sehen diesen Grund nicht recht ein.
lm Gegentheil scheint Meyer's Annahme die einfachere, ob wir schon nicht
vergessen, dass verschiedentlich vor orientalischen Monumenten freistehende
Säulen und Pfeiler gefunden werden. Doch fühlen wir uns nicht berufen,
über diese streitigen Punkte zu entscheiden. Wir überlassen dies am
Liebsten einem kuustgelehrten Freunde, von dem uns schon seit längerer
Zeit ein ausführliches Werk über den Salomonischen Tempel versprochen
ist, und dem diese Zeilen eine freundliche Mahnung sein mögen.
Unter die ältesten Ueberreste griechisch-dorischer Bauweise
rechnet der Verfasser (S. 90 f.) die Tempel von Korinth und Metapont,
den grossen Tempel von Pästum, die Tempel von Selinus, Scgesta, die
sogenannten Tempel der Juno und Concordia zu Agrigent, den Apolio-
Tempel zu Delos u. a. m. Was die genannten grossgriechischen und sici-
lischen Monumente anbelangt, so sind wir jedoch wenig berechtigt, die-
selben in Bausch und Bogen einer so frühen Zeit vor den Perser- und
Karthagerkriegen zuzuschreiben. Wir werden im Gegentheil gewisse
Eigenthümlichkeiten, der massenhafteren Verhältnisse und schwereren For-
mation, die wir an diesen Gebäuden bemerken, minder einem höheren
Alter als vielmehr dem localen Grunde eines eigenthümlich derben Doris-
mus, der in diesen westlichen Ländern, am fernsten von asiatischem Ein-
fluss, am schärfsten auftritt, zuschreiben müssen. Wenn wir auch den
mittleren von den drei grossen Tempeln auf der Burg von Selinus als vor
den Perserkriegen gebaut annehmen wollen in Bezug auf die sehr alter-
thümlichen Metopen-Reliefs (obgleich auch hier ein gleicher localer Styl
Einfluss gehabt haben dürfte), so wissen wir dagegen bestimmt. dass der
grosse Dipteros (der sogenannte Jupiter-Tempel) auf dem östlichen Hügel
von Selinus, der ebenso noch beträchtlich schwere Formationen zeigt, im
Jahre 409 v. C. G., bei der Eroberung der Stadt durch die Kart-hager, noch
unvollendet war und diesen Zustand in seinen Ruinen erhalten hat. Ja
der Minervert-_'Fempel zu Syracus (jetzt S. Maria delle colonne) Zeig?