Beiträge
ZUT
Geschichte
der
Ausbildung
der
Baukunst
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Beiträge zur Geschichte der Ausbildung der Baukunst, von Dm Q L
Stieglitz, d. Aelt. Nebst erläuternden Beilagen und 25 Steindrückeni
Erster Theil. (S. 206 in 8. und 10 Tafeln). Leipzig, 1834.
(Mu seum,
1835, N0.
Ein Andres ist es, wenn ein junger Autor zum ersten Male vor das
Publikum tritt, ein Andres, wenn ein verdienter Veteran die Resultate
langjähriger Studien zusammenfasst, um hiemit vielleicht seinen Arbeiten
den Schlussstein hinzuzufügen. Werden wir das Weh des Ersteren zugleich
als eine Empfehlungskarte ansehen und ausser dem Realen seines Inhalts
auch die Art und Weise seiner Technik betrachten, um danach unsere
Erwartungen für die Zukunft zu bestimmen; so müssen wir bei Letzterem
nothwendig auf die ganze Bahn seines Schaffens zurückblicken und, um
nicht ungerecht zu sein, den Standpunkt im Auge behalten, welchen die
XVissenschaft einnahm, als der Autor begann. Wir müssen bedenken, dass
wir mit grösserer Leichtigkeit weiterschaifen können, wenn wir durch die
Arbeiten der Vorgänger gestützt werden, als wenn wir uns einen ganz
neuen Weg eröffnen müssen; und dass ein Menschenleben schwerlich zur
Begründung und Vollendung einer Wissenschaft hinreicht.
Seit 43 Jahren ist Hr. Stieglitz für das Fach der Geschichte der
Baukunst thätig gewesen. Als er im Jahre 1792 mit seiner Geschichte
der Baukunst bei den Alten begann, fand er wenig gründliche Vorar-
beiten über diesen Gegenstand vor. Aus den Schriften der Alten und nach
den Grundsätzen der Kunst musste er sich selbst das Gerüst für ein solches
Werk hinstellen. Neue Forschungen, neue Entdeckungen erweiterten seinen
Gesichtskreis, so dass ihm jene erste Arbeit nicht mehr genügend schien;
und seine Archäologie der Baukunst (1801, immer noch ein sehr
brauchbares Handbuchl), sowie seine Archäologischen Unterhaltun-
gen (1820) dienten dazu, die gewonnenen Erfahrungen einer ölientlichen
Benutzung vorzulegen. Doch blieb der Verfasser nicht einseitig bei der
classischen Kunst stehen. Gleichzeitig waren wichtige Entdeckungen von
den Monumentcn vorklassischer Völker (besonders der Aegypter und Inder]
erfolgt, sowie im Vaterlande die edle Kunst des Mittelalters wieder einer
ehrenliaften Untersuchung gewürdiget worden. Den geschichtlichen Ent-
wickelungsgang der letzteren darzulegen erschien im Jahre 1820 sein Buch
von altdeutscher Baukunst. Als ein Ganzes stellte der Verfasser
im Jahre 1827 seine Geschichte der Baukunst vom frühesten
Alterthum bis in neuere Zeiten zusammen, das einzige Werk, wel-
ches wir bis jetzt über diesen so höchst wichtigen Zweig der Culturge-
schichte besitzen.
Doch auch in den letzten 8 Jahren ist im Einzelnen vieles Bedeutende
für diesen Zweig der Wissenschaft gßleiStßi, vieles Neue entdeckt worden,
welches der Verfasser unablässig sich zu eigen zu machen strebte. Das
in de; Ueberschrift genannte Werk, dessen jüngst erschienener erster Theil
die Periode des gesammten Alterthums umfasst, enthält eine neue Revision
des früher Aufgestellten und sucht Vollständigkeit und Kürze auf gleiche
Weise zu vereinigen.
Freilich können wir uns nicht bergen, dass tinterdessen der Standpunkt