Studien
etc.
üorentinischen Malern
nach alten
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Unter diesen Umständen scheint es mir nicht unzweckmässig, an das
in der Ueberschrjft genannte Werk zu erinnern, welches ich bisher nirgend,
bei Gelegenheit kunstgeschichtlieher Untersuchungen, erwähnt gefunden
habe, welches somit nicht dieJenige Verbreitung erlangt haben kann, die
es vor anderen verdient. Dasselbe besteht, wie der Titel besagt, wesent-
lich aus Studien; es sind minder ganze Gemälde, welche wiedergegeben
werden (obgleich deren ebenfalls vorhanden sind), als vielmehr einzelne
charakteristische Figuren und Gruppen, welche die Eigenthümliehkeiten
der bezüglichen Meister darlegen. Die Arbeit ist schlicht und eben wie
man es bei künstlerischen Studien gewohnt ist, einfache Umrisse, oder
Umrisse mit zumeist geringer Angabe der Schattirung; überall aber trägt
dieselbe das Gepräge der grössten Strenge und Redliolikeit, welche für
Werke solcher Art nöthiger sind, als sie insgemein gefunden werden, welche
das vorliegende, in Bezug auf den unmittelbaren Gebrauch, selbst den
grossen Prachtblättern Lasinio's an die Seite stellen, und um so mehr, als
dasselbe ungleich leichter zu bescheiden ist.
Das erste Heft enthält, ausser zwei Ansichten der Kirche und des
gesammten Klosters von Assisi, Studien nach Giotto; einige wenige nach
den Wandmalereien, welche man ihm in der Oberkirche des heiligen Fran-
ciscus zu Assisi zuschreibt (unter diesen auch eine Figur nach Giottino),
mehrere nach den kleinen Gemälden, welche sich zu KuhbeiPs Zeit noch
in der Sakristei von S. Croce zu Florenz befanden, nunmehr aber in die
Gallerie der Akademie und in den Handel, (zwei von ihnen in das königl.
Museum zu Berlin) gekommen sind. Unter letzteren sind mehrere ganze
Gemälde wiedergegeben, und darunter einige, wie z. B. Christus, der
nach der Auferstehung den Frauen im Garten erscheint, und wie noch
mehr Thomas, der seine Finger in die Seite Christi legt, mit den anhetend
knieenden Jüngern, welche allein hinreichend darthun, dass den Werken
Giotto's keinesweges jene Feier und hochheilige Würde mangelt, die man
ihm neuerdings abgesprochen hat. Das zweite Heft enthält Studien nach
Taddeo Gaddi, eines Theils nach den Wandgemälden, welche sich in
der Kapelle Baroncelli (Giugni) zu S. Croce in Florenz befinden und das
Leben der heiligen Jungfrau (das bereits von Lasinio gestochen) und das
Leben der heiligen Magdalena darstellen; anderen .Theils nach den Wand-
geinäldeii im Kapitel des Klosters S. Maria Novella, an deren Aechtheit
Herr von Rumohr zweifelt (Italienische Forschungen II, S. 80). Letztere,
mögen sie nun von Taddeo oder von einem anderen alten Meister her-
rühren, erscheinen indess durchaus als höchst ausgezeichnete, gewaltige
hVerke, sowohl in den lebendig bewegten historischen Darstellungen, als
in den feierlich grossartigen Gestalten der Propheten und Kirchenlelirer.
Das dritte Heft enthält Studien nach Masaccio, und zwar nach (lBIIJOIIIgED
früheren Gemälden aus der Passionsgeschichte Christi und aus dem Leben
der heiligen Katharina, welche er in der Kapelle der heiligen Katharina,
in der Kirche S, Clemente zu Rom, ausgeführt hat, und die gegenwärtig
leider durch Nässe sehr verdorben sind. Schon hier erscheint Masaccio,
obgleich im Ganzen noch zu der Weise der späteren Giottisten sich liin-
neigend, doch im Einzelnen bereits in seiner höheren und freieren
Richtung. Den genannten Blättern ist noch die Nachbildung einer dem
Masaecio zugeschriebenen Handzeichnung beigefügt. Von den späteren
Arbeiten ltlasaceios in der Kapelle Brancacei, in der Karmeliterkirche
zu Florenz, liefert die genannte von Lasinio gestochenc Collektion einige