Denkmale
der Baukunst vom 7ten bis
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1 ßten
Jahr]
mndert m.
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dem eigentlichen, gewölblosen Basilikenstyl, der sogar in diesen Jahrhun-
derten des bedeutendsten Verfalls der Baukunst auch noch die Würde und
Majestät, welche die Bauwerke des vierten und fünften Jahrhunderts zeigen,
eingebüsst hatte, und mit seinen geringen Dimensionen, mit seinen Schiess-
Scharten-ähnlichen Fenstern, mit seiner schon zu sehr gesunkenen Technik
ein trauriges Bild jener Zeit liefert, welche zwischen dem Untergange der
alten Welt und dem Beginn der neuen liegt, Die Form des Grundrisses
dagegen, die bereits ein vollständiges lateinisches Kreuz und eine eigen-
thümliche Anordnung (eine Wledöräiülällg der Iäauptabsäs an den beiden
Enden des Querschiifes) zei t, welc e "en, niin estens (em elften, wenn
nicht beide dem zwölften Jährhtindert zugehörigen Kirchen St. Martin und
St. Aposteln zu Köln entspricht; diei Dulicltiftihrungldes Ilifiiganges hinter
diesen Absiden, von denen derselbe ure reie Säu eiiste ungen getrennt
ist; die weiten und leichten Verhältnisse im Inneren des Gebäudes; die
kühn gespannten Gewölbe und die, durch diese nöthig gewordenen Pfeiler
im Innern, Strebebögen im Aeusseren; die Anwendung einer bereits nicht
unbedeutenden und kunstreich angeordneten Gruftkirehe; die kleine rund-
bogige Gallerie im Aeussereu, unter dem Dach der Hauptabsis; der rund-
bogige Fries unter dem Dach des Mittelschitfes, welcher sich iniiissenen-
artiven Streifen zu den genannten Strebebö eii niederseiikt: lles dies
sind zu unwiderlegliche Kennzeichen des elften, zum Theil des zwölften
Jahrhunderts, so dass wir dies Gebäude nothwendig als das Werk dieser
späteren Zeit, und zwar als eine besondere Zierde derselben, anerkennen
müssen. Bin Paar schwache Stutzen, welche dei-_Verfasser noch beiläufig
für seine Meinung vorzubringen scheint, ergeben sich von selbst als wenig
zureichend. Die eine ist eine Vergleichung mit dem alten, angeblich im
Jahre 814 erbauten Dome zu Köln, davon derselbe in dem früheren Werke
über den Kölner Dom eine, nach der (sehr ungenügenden) Beschreibung
bei Gelenius entworfene Zeichnung mittheilte; doch fragt sich, im Fall
Beschreibung und Zeichnung auch richtig sind, ob dieser Dom nicht, in
den 434 Jahren bis zur Gründung des noch vorhandenen Gebäudes, eben-
falls eineu Umbau erlitten haben kann? Ausserdem scheint noch eine
angestellte Vergleichung der kleinen Arkade unter dem Dach der Haupt-
Absis mit den bei de-r Taufkapelle St. Martin zu Bonn und bei S. Micchele
zu Pavia vorhandenen, auf jene frühere Zeit hindeuten zu sollen. Ueber die
hlartinskapelle habe ich bereit: gespgocheii. mlgiek genannlte Kirghle hvon
Pavia ist der Verfasser zwar ereits ür ein er es ze" nten a r un-
derts zu halten geneigt; doch muss ich gestehen, dass iiiich die Unent-
schiedenheit, mit welcher diese Meinung ausgesprochen wird, argwöhnisch
macht Es gilt bekanntlich diese Kirche, seit die Meinung der pavesischeii
Tepegraphen durch dlAgincourt in seiner Ilzstozre des arts etc. sanctionirt
worden ist, für ein Muster der longobardischen Architektur, d. h. derjenigen,
welche in Italien, und natürlich auch in den benachbarten Ländern, vom
Sechsten bis achten Jahrhundert herrschte; alle ähnlichen für diese Zeit
aufgestellten Beispiele stützen sich auf diese. Autorität; ich vermuthe, dass
auch des Verfassers Meinung in Bezug auf die gleichzeitig genannte Kölner
Marienliirche durch dieselbe intluirt wurde. Uebrigens ist durch Cordero')
bereits zur Genüge erwiesen, dass die Zeit der Erbauung der gegenwärtig
1) Vergl. oben, S.
Kugler, Kleine Schniflen.
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