des
Bilderhandschriften
Mittelalters.
heutiges Tages immerhin als sehr kindliche bezeichnen mögen; aber es ist
eben doch eine wirkliche, aus innerem Trieb und Bedürfniss hervorgehende
Kunst, die in ihnen anfängt; es ist doch der Keim, aus dem ein starker,
vielästiger Baum aufwachsen sollte.
Eine andre Bilderhandschrift der Bibliothek, die mich beschäftigte
und aus der ich ebenfalls Einiges durchzeichnete, ist die des Lehrgedichts
vom „Welschen Gast," aus der frühern Zeit des dreizehnten Jahrhun-
derts. Sie hat zierliche Randbilder, mit der Feder gezeichnet und mit
Farben ausgemalt. Es sind theils allegorische Vorstellungen von morali-
schem Inhalt, theils Scenen des wirklichen Lebens. Die letzteren führen
uns lebendig in jene Zeit zurück. Da sind Kämpfe, in denen die grau-
samsten Wunden ausgetheilt werden (die Ritter wieder ganz in Kettenpan-
zern), und wilde Jagden; da schenkt der Ruhmsüchtige dem Fiedler seinen
Mantel und hat für den halbnackten Bettler keinen Pfennig; der Arzt
rauft den kranken schlafenden Greis am Barte, weil ihm Schlafen nicht
gesund ist, und ein andrer Kranker ist mit Armen und Beinen an einen
Baum gebunden und wendet sich mit jämmerlicher Geberde nach dem
Arzte zurück, der eben mit einem grossen Messer seine chirurgische
Operation beginnen will; u. dgl. m. Beischriften und Spruchbänder, die
die Figuren halten, geben über den Inhalt der Darstellungen hinreichenden
Aufschluss. Auch hier hat die Zeichnung noch einen byzantinischen
Character, aber zugleich ist darin, bei feiner Behandlung, schon ungleich
mehr Leben und natürliche Bewegung. Man sieht es: der Zeichner hat schon
eine Schule durchgemacht und hat scharf sehen gelernt.
x f" j Merkwürdig auch waren mir
x ein Paar Folioblätter (13. Jahr-
f. k, himdert) mit Fragmenten aus
i? rx 9' 4 "x dem fünften Gesange des Wil-
l helm von Oranse von
3 1 QM W Wolfram von Eschenbach. Jede
i t w I: , Selte hat zwei Columnen, in
Ar zu, denen rechts der Text des Ge-
l r: w, dichtes steht und links je drei
u. Q 3 erklärendeRandbilderbefindlich
i; J) 94 sind. Die letzteren bestehen aus
l derben, bunt colorirten Feder-
t m a zeichnungen. Die Figuren haben
J 8, D r kurze, schwere Verhältnisse,
IX W M überhauptkein feineres Lebens-
l f", äifuiliidlägtltä Ritter thagtiilvivien
j, 12g rt npanzer, 0c a
( Ä; AX penröcke darüber, und znmeigt
i c T spitze Helme. Trotz der rohen
' w w, Einfachheit der Behandlung ist
i V aber auch hier der Gegenstand
J i . m? der Darstellung hinlänglich
w- w, i deutlich ausgesprochen. Eigen-
j 7 x," .49 thümlich naiv sind die Dar-
1 _ w, i" I5 ( Stellungen des ersten Blat-
4.. e. tes. Es ist die Belagerung
Berlin. Ehem. v. Naglefsrhv um. Plenarium, s. XI. von Orange, das Kiburg, die