Ueber
die römisch
-christlicheu Bausystenme.
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dieser Zeit, d. h. gegen das Ende des elften Jahrhunderts, wurde die Er-
richtung dieser Confessioxien, welche die alten Krypten oder Katakomben
ersetzen mussten. und der Gebrauch, den Boden der Tribune zu erhöhen,
sowohl bei uns, wie in dem übrigen Europa, fast Regel l)_
Damals nun trat die zweite Periode des altgothischen Styles in ltalien
ein und begann zunächst damit, dass den 'l'ribnnen eine grösserbe-Tjäfg
gegeben wurde. wodurch die Kirchen das lateinische Kreuz in ausgedehn-
terer und bestimmtercr Form zum Grundplan bekamen. Und nicht selten
wurden damals in den Basiliken aus älterer Zeit, die entweder gar keine
oder eine zu niedrige, dunkle und enge Confession hatten, Erhöhungen der
Art aufgeführt, ohne dass man bedachte, dass man auf diese Weise die
ursprüngliche Architektur der Kirche verderbe, dass man die Höhe des
Bogens der Absiden ausser Vcrhältniss verringere, und dass man endlich
auf die unschicklichstc Weise einen grossen Theil von den Schäften der
Säulen, die der Abside zunächst standen, verstecke. Daher sind, nach
meiner Meinung, diejenigen Kirchen, in denen eine allmählige Erhöhung der
Art Statt gefunden hat, was auch die Veranlassung gewesen Sei, bestimmt
älter als das elfte Jahrhundert; um den Anfang dieses Jahrhunderts oder
später erbaut dagegen diejenigen, in denen eine solche Einrichtung sich
als gleichzeitig mit dem Gebäude ausweist. Zu den ersten, um hundert
anderer zu geschweigen, gehören, in Rom: die alten Basiliken S. Giovanni
e Paolo, S. Pancrazio, S. Grisogono u. s. w.; in Ravenna: S. Apollinare
in Classe; in Lucca: S. Frediano und S. Michele; in Istrien: die Kathe-
drale von Pola u. s. w. Zu den zweiten, um nur solcher zu erwähnen,
die meinem Vorhaben entsprechen, die Basiliken S. Michele rnagiore zu
Pavia, Zenonc in Verona, die Kathedralen von Parma, von Modena
u. s. w.
Endlich habe ich bemerkt, dass unter den heiligen Gebäudewaus der
Zeit Karls des Grossen, aus dem neunten und zehnten Jahrhundert, die-
jenigen noch selten sind, welche im Plan die (iestalt eines vollständigen
lateinischen Kreuzes zeigen, Obgleich einzelne Beispiele der Art auch in
den Basiliken der früheren Zeit vorkommen: in den Kirchen von gothigchem
Styl begann diese Form sich 01'571 flllf dem elften Jahrhundert mehr zu
Verbreiten, Viel seltener aber war in Jenen Gebäuden noch die Form des
griechischen Kreuzes oder die runde oder achteckige Form, wenn sie nicht
etwa zu Baptisterien bestimmt waren:
Zu jene,- Zeit war, trotz desl3e1sp1eles, welches die Aachener Kirche
gegeben hatte, der Gebrauch, die Saulen zum blossen Schmuck anzuwenden,
noch nicht abgeschatft. Damals waren die doppelten Gallerieen in den
Basiliken noch nicht im Gebrauch oder nur Sehr Selten; man Thßilfe noch
nicht, nach byzantinischef Manier, Bögen und Fenster durch kleine Säulen
Drei Absiden waren zwar zuweilen vorhanden, eine am Ende eines jeden
Schiffes, wie dies noch heute in S. Clemente 1n Rpm der Fall ist, und
ihnen entsprechend, drei Altäre; diese aber nicht in grösserer Anzahl, wie
man nachmals, seit dem elften Jahrhundert, eine solche Einrichtung traf.
Auch war es damals noch nicht Sitte, die ltaqaden mit weiten musivischel,
a) Vnrmnthlich war der lhpst Pascllalis I; der larste, welcher das Beispiel
zu einer ähnlichen Erhöhung 1n der Balsxhka b. Mana nlaggiore zu Rom, gegen
das Jahr 8-20. gab: ut Pontifex consortza populorunz drclinarc potuisset. S_ Ang-
stasius im Leben dieses PaPSIQS-