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Vorstudien
Architektur-
Zllf
Geschichte.
Diese Giebelscite über dem Portikus war, als die Haupt- und Eingangs-
seite des Gebäudes, vor den langen Seiten ausgezeichnet, zuweilen mit
musivischen Gemälden verziert.
G10 cken-Thürme waren den Basiliken ursprünglich nicht eigen
da ihr Gebrauch beim christlichen Gottesdienst erst mit dem achten Jahr;
hundert herrschend wurde. Die alten 'l'l1ürme an den römischen Basiliken
welche zumeist dem neunten Jahrhundert angehören, sind in Einem Style
gebaut, viereckig, anstatt der Fenster mit kleinen, von Säulen gebildeten
Arkaden in mehreren Stockwerken übereinander, und mit niedrigem Dach.
Sie stehen stets an der Vorderseite der alten Kirchen (zuweilen unabhän-
gig neben denselben), zur Rechten, wenn die Tribune gegen Morgen, zur
Linken, wenn dieselbe gegen Abend liegt.
Verschiedene Kapellen (Oratoria), von viereekiger Form meist
mit einer eigenen kleinen Tribune, von runder Form, insbesondere
Taufkapellen, kleinere Basiliken, Klöster und andere Gebäude wurden im
Verlauf der Zeit neben den grösseren Basiliken errichtet. Dahin gehören
auch die Triclinien, grosse Säle mit einer oder mehreren Tribunen
oder Nischen, zur Bewirthung der Pilger, zur Feier besonderer Agapen
(christlicher Liebesmahle) u. s. w.
Die Form der Basilika war indess nicht als so unbedingt wesentlich
bei dem Bau der christlichen Kirchen angenommen worden, dass man nicht
auch andere der vorhandenen Formen benutzt hätte. Dies ergiebt sich
schon durch den Umstand, dass man auch heidnische Tempel ohne Wei-
teres zu christlichen Kirchen weihete 1).
S0 war die Form der Rotunde verschiedentlich bei dem Bau christ-
licher Kirchen angewandt. Doch bediente man sich hier, um einen grös-
seren Raum zu gewinnen und zweckmässig zu beleuchten (denn zu einer
Kuppel von der Ausdehnung des Panthcons fehlten zumeist Mittel und
Kräfte) eines ähnlichen Ausweges, wie bei der Basilika: indem man näm-
lich die Wände eines mittleren Raumes, die von einer kreisrunden Säulen-
stellung getragen wurden, cylinderförmig über das Dach der Seitenräume
erhob und mit Fenstern versah. Dieser mittlere Raum erhielt in der Regel
ein Kuppelgewölbe; doch erscheint er auch, gleich der Basilika, nach
gedeckt.
Unter den Gebäuden dieser Form war die runde oder achteekige 2)
Taufkirche (Baptisteriztm) das wichtigste. Baptisteriumß) ist der Name
des Schwimmteiches in den Thermen der Alten; warme Schwimmteiche
waren in Rom seit Mäcenas gebräuchlich. Sie hatten eine runde oder acht-
ßßkige Form, um durch ihre grossen Fenster möglichst viel Licht und Sonne
allflllllehmen- Diese Räume schienen den Christen zur Ausübung der
Taufceremonie, welche zu Anfang bekanntlich in völligem Untertauchen
bestand, geeignet; man widmete deren zu diesem heiligen Gebrauch, man
1) Dahin gehört insbesondere das Pantheon, welches um 610 als S,
Maria ad mßYtYfßS geweiht ward. z) Die wiederkehrende Achtzahl bei christ-
lichen Taufkirchen und Taufsteinen hat eine mystische Bedeutung in Bezug auf die
Auferstehung ChTiSti am Sten Tage, d. h. am ersten Wochentage nach dem Sab-
bath (Siebenten). S. von der Hagen: Briefe in die Heimat, IV. S. 293. 3) Hin;
a. a. O. IlI., S. 243-