römisch-christlichen Bausysteme,
Ueber die
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dieser rohen Einfachheit bedurfte, wenn sich dasselbe, nach dem styllosexi
Umherschweifen der letzten Zeit, wieder zu strengeren Formen bilden
sollte 1).
Die
christliche
Basilika.
Mit Constantin (306-337) beginnt die Geschichte der mittelalterlichen
Baukunst. Er machte, das Bedürfniss der Zeit wohl verstehend, das Chri-
stenthum zur Staatsreligion und begründete so für die heilige Baukunst
mit verändertem Zwcck eine neue Richtung; zugleich wurde, in den unter
ihm ausgeführten Bauwerken, die Anwendung des von Säulen getragenen
Rundbogens, die bisher nur ausnahmsweise vorkam, allgemein. Freilich
ging, wenn auch nicht der Sinn für grossartige Anlage, so doch die von
früherer Zeit überlieferte Technik immer mehr und mehr verloren, und wir
sehen in den nächsten Jahrhunderten unzählige Gebäude, was insbesondere
Säulen und sonstigen Schmuck anbetrifft, von dem Raube und den Trüm-
mern antiker Meisterwerke errichtet.
Der antike Tempel, wie er durch die Griechen (um nicht Zll den
Aegyptern 'hinaufzusteigen) vorgebildet und von den Römern nachgeahmt
war, bestand in der Regel aus einer Celle, einem Raum von geringer Weite,
welche die Wohnung des im Steinbilde verkörperten Gottes war und wozu
zunächst nur der Priester (nicht eigentlich oder doch nur ausnahms-
weise die Gemeinde) den Zugang hatte. Hier wandte die Baukunst
ihre vornehmste Sorgfalt auf eine würdige Ausschmücknng der Aussenseite,
und die drei Säulenordnungen, welche den Kreis dieses Bausystemes voll-
kommen absehliessen, waren ihr Ergebniss. Anders bei der christlichen
Kirche. Sie musste einen möglichst weiten Raum enthalten,_um eine grosse
Versammlung zu gemeinschaftlichem Gebet, zu gemeinschaftlicher Erbauung
und Gedächtnissfeier in sich aufzufassen; sie musste durch ihre unmittelbare
Umgehung das Gemüth des Einzelnen emporziehen und heiligen.
Es ist natürlich, dass die christlichen Gemeinden bereits in den ersten
Jahrhunderten ihrer Entstehung, ehe das Christenthum eine öffentlich an-
erkannte Religion ward, eigener und von dem übrigen Verkehr abgeson-
derter Versammlungsorte bedurften. Grossentlieils indess können dies nur
Räume in Privatwohnungen gewesen sein; doch mögen die Christen an
Orten, wo die Verfolgungen weniger heftig waren, schon damals öifentliche
Gebäude zu diesem Zweck gehabt haben. Das beweist unter andern der
Umstand, dass Cgnstantin nicht nur überhaupt viele Kirchen aufführen,
sondern auch die in der vorhergehenden Verfolgung zerstörten neubauen
ljessßy Dahin kann man ferner die Kirche von Nicomedien rechnen, deren
Zerstörung Lactantius erzählt; dahin die von Bischof Paulinns von Tyrus
in dieser Stadt gebaute Kirche, welche Eusebiusß) beschreibt. Auch kom-
men aus der Zeit vor Constantin bereits eigenthümliche Benennungen für
diese Versammmngsol-te vor, als Kirche (ecclesia), Bethaus (oratoriuvzz,
ävumigrov), Versammlungshaus (conventzciela), Haus des Herrn (dominicum,
uvpzanbv) u. s. w. 4).
1) Diese Bemerkung trifft insbesondie die, _bereits dem vierten Jahrhundert
Zugehörige Form des, korinthischen Kapiials mlt ungezackten, einfachen Schilf-
blättern, wie solche z. B. in S. Paul bei Rom voivkommt. 2) Eusebius H. E.
X- 2. 3) Ib. X. 4. 4) Vergl. Platner: Roms Basiliken und Mosaiken; in
der Beschreibung der Stadt Rom I, S. 417.