Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Vorstudien 
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ATOhitBktUI-GGSChiChtG. 
wendung dieser Construction in Italien: wir werden mithin die Erfindung 
derselben als eine altitalische in Anspruch nehmen, und eine direkte Fort- 
bildung der den pelasgischen Völkern eigenen Thesaurenform darin erken- 
nen dürfen. Denn wenn auch die bis jetzt noch nicht untersuchten Schutt- 
hügel von Babylon, diesem Hauptsitz des Backsteinbaues, künftig, Wie 
einzelne Gelehrte zu vermuthen fast geneigt sind, an diesem Ort eine noch 
ältere Anwendung des Gewölbes zu Tage fördern sollten, so wird SiCh 
doch schwerlich ein Zusammenhang zwischen jenen fernen Asiaten und den 
Völkerschaften Italiens nachweisen lassen. 
Im Römischen Volk aber lebte nicht, wie in den Griechen, ein eigen- 
thümlicher Kunstsinn, welcher sich zu einer freien, selbständigen Entwi- 
ckelung durchgearbeitet hätte; ihr Element war das Praktische, dasjenige, 
was sich auf Nutzen und auf Genuss bezog. Sie waren Meister in der 
Anlage von Hcerstrassen, Häfen, Brücken und Wasserleitungen, unüber- 
troffene Meister in der Einrichtung alles dessen, was zu den Bequemlich- 
keiten und Annehmlichkeiten des Lebens gehört  Jener Mangel an 
eigenthümlichem Kunstsinn zeigt sich nicht sowohl darin, dass sie überhaupt 
eine fremde Kunst zu der ihrigen zu machen suchten, als vielmehr in der 
Art, wie sie die fremde Kunst auffassten. Was bei den Griechen aus dem 
Leben des Volkes, aus innerem Bedürfniss hervorgegangen war, das ward 
bei ihnen der Gegenstand einer vornehmen Prachtliebe, einer willkürlichen 
gelehrten Kennerschaft; was bei den Griechen unmittelbare, lebendige, 
organische Form war, das ahmten sie als ein Gegebenes nach, berechneten, 
construirten es. Betrachten wir z. B. das dorische Kapital, wie es von 
den Griechen und wie es von den Römern gebildet worden ist. Bedeutend 
und wirkungsreich in ihrer grösseren Ausladung, elastisch widerstrebend 
gegen den Druck des Gebälkes zeigt sich die Linie des Echinus bei den 
Griechen; bedeutungslos und nüchtern, nicht widerstrebend, nicht tragend 
jene, durch einen willkürlichen Zirkelschlag gebildete Linie bei der 
römischen Form. 
Somit ist es leicht erklärlich, dass bei den Römern die Baukunst sich 
nicht eigenthümlich durchbildete, obgleich sie ein eigenthümliches Princip 
für dieselbe besessen; dass sie später, als sie die Schönheit und das Eben- 
mass der griechischen Säule kennen gelernt hatten, die letztßre als einen 
wohlanständigen Schmuck ihrem Gewölbebau hinzufügten; dass sie endlich 
als die von ihren ästhetischen Gesetzgebern sorglich eingehegte Kunst den- 
noch in Willkün ausartetc, beide verschiedenartige Elemente geradezu 
vermischten, an (118 Stelle des Architravs einen Bogen über die griechische 
Säule setzten. 
Wenn indess die Römer auf der einen Seite jenes feinen Gefühls für 
die Form entbehrißll, so ist dessen ungeachtet ihre Baukunst doch im Besitz 
eines eigenthümlichen Charakters, und. zwar dessen, welcher sie zu Herren 
der Welt gemacht hat Und diese Grösse und Majestät in der römischen 
Baukunst ist durch eben denjenigen Theil, den sie nicht von den Griechen 
erlernten, der ihnen bereits früher eigen war, durch den Gewölbebau zu 
Wege gebracht.  
Griechische Riesenbauten, wie der Dianentempel zu Ephesus, der Ju- 
pitertempel Zll Agfigßflt, enthalten nur Vergrösserungen ihrer für mittlere 
Verhältnisse berechneten Formen; sie wirken wesentlich durch die Masse 
Das beweisen 
insbesondere 
neuesten 
die 
Ausgrabungen in 
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