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Deutsche
und
Kirchen
ihre Denkmäler.
vorgekommen. In der Vorhalle des Domes steht, aus der unterstädtischen
Kirche von Merseburg dahingebracht, ein uralter Taufstein in streng byzan-
tinischem Styl, mit einer halberhobenen Bogenstellung und Heiligenüguren
geschmückt.
Naumburg besitzt in seinem Dome ein Gebäude, welches zu den
interessantesten Problemen der Entwickelungsgeschichte der deutschen Bau-
kunst gehört. Das Schiff nämlich, das Querschiff und die Seitenschiife
haben in der Verbindung der Pfeiler und im Gewölbe den schweren
massigen Spitzbogen, wie derselbe zuerst auftritt; die Oeffnungen nach
aussen, Fenster und Thüren, sind dagegen im Rundbogcn überwölbt und
Strebepfeiler noch nicht vorhanden. Es ist derselbe Styl,_wie er am Bam-
berger und Limburger Dom, an der Stiftskirche von Fritzlar, an den unteren
Theileu des Magdeburger Domes u. a. m., erscheint. Du erwartest viel-
leicht, dass ich hier eine besondere Ansicht über die Erbauungszeit der
genannten älteren Theile des Naumburgcr Domes, somit über die Periode,
darin jener Styl herrschend war, mittheilen werde; doch gestehe ich Dir
ehrlich, dass ich keine Lust habe, unserer Kunstgeschichte, darin ohnedies
so grosse Verwirrung herrscht, noch mehr unerwiesene Hypothesen aufzu-
bürden. Der Stand der WVissenschaft ist dermalen, trotz der naiven Sicher-
heit mancher dilettirenden Gelehrten, noch zu sehr im Dunkeln, um aus
Analogieen weiter zu schliessen; und nicht minder die Geschichte des
Naumburger Domstiftes, um den Bau dieser Theile ausdrücklich vor der
Verlegung des Stiftes von Zeitz nach Naumburg (1028) oder wie ein
befreundeter Kunstforscher will ausdrücklich unter Erzbischof Engel-
bert (1206-1242) geschehen zu lassen 1). Nur im Allgemeinen bezeichne
ich jenen Styl als der Uebergangsperiode aus dem byzantinischen (romani-
schen) in den gothischen (germanischen) angehörig, welche Periode jedoch
nicht in so gar enge Gränzen einzuschliessen sein dürfte.
Was das Detail dieser älteren Theile des Naumburger Domes anbetrifft,
50 ist (im Inneren) ein Pfeiler um den anderen mit den zum Gewölbe
empor laufenden Gurtträgern versehen; diese reicher gegliederten Pfeiler
haben demnach die Grundform eines kurzen schweren Kreuzes mit acht
Halbsäulen an den vier vorspringenden Seiten und in den vier Winkeln.
Die Kapitale bestehen aus leichtem, schön und zum Theil durchbrochen
gearbeitetem spät-byzantinischem Blattwerk mit roichgegliedertem Abakus;
VOII den Gurmägem läuft dieser Abakus des Kapitäles als Gesims an den
Wänden fort. Das spitzbogige Gewölbe wird durch schwere, geradlinig
protilirte Gurte, welche die gegenüberstehenden Hauptpfeiler verbinden, in
quadratische Räume getheilt; letztere sind durch einfache Kreuzgewölbe
ohne Gurte ausgefüllt; nur in dem, noch zum alten Bau gehörigen
Anfange des östlichen Ohores (in seinem ersten Quadrat) kommen Gurte,
aus einem Rundstab bestehend, vor, seltsamer Weise aber in den Graten
des Gewölbes. Die rundbogigen Fenster des Mittelschiiles sind mit einem
Rundstab profilirt; an den Seitenschilien sind neben einander stehende
Doppelfenster betindlich. Die aussen, unter dem Irlauptdach, hinlaufenden
rundbogigen Friese haben zierliche kleine Consolen, auf denen die Rund-
bögen aufsetzen. Seltsam ist das rauteuförmige Fenster mit verschlungener
Blume im südlichen Kreuzgiebel. Von den drei vorhandenen 'l'hürmen
Allerdings
letztere.
das
Vergl.
später folgenden Mittheilungen.
die