Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

Reiseblätter 
vom Jahr 
1832. 
155 
die zur Ausstattung seiner Architektur verwandten Bildwerkc in Betracht 
zu ziehen. Sie zerfallen in zwei stylistisch verschiedene Classen, welche 
den beiden Stylunterscliieden in der Architektur des Gebäudes zu ent- 
sprechen scheinen. 
Zu der ersten Classe, d. h. zu den ältesten Sculpturen, gehört ein Theil 
derjenigen, welche sich an dem östlichen Chöre (dem Georgenchoi-e) beün- 
den. Hier wird, im Innern der Kirche, der Chor von den neben ihm hin- 
laufenden Seitenschillen durch Brüstungswände abgesondert, welche an ihren 
äusseren, nach den Seitenschiifen zugekehrten Seiten mit Arkadennischen 
von zierlichem spätromanischcm Style geschmückt sind. In diesen Nischen 
befinden sich Reliefdarstellungen: auf der einen Seite die Verkündigung 
 und die zwölf Apostel, auf der 
 andern der Erzengel Michael auf 
i i: "X dem Drachen und die zwölf Pro- 
ffr   , , plieten. lin Styl dieser Arbeiten 
"V-   . I  lässt sich das byzantinische Ele- 
 1  mcnt, wie dasselbe sich im Laufe 
Ä i, .5 1th" [Ä des zwölften Jahrhunderts ausge- 
 bildet hatte, nicht verkennen; die 
 V Behandlung ist überall noch herb 
 e   und streng, die Bewegung zuweilen 
f k,  X   verscliroben, die Körperbildungge- 
    legentlich an jene Dickbäuchigkeit 
hf Nah"? j Ä . byzantinisireiider Werke der ge- 
   (aß h) nannten Zeit erinnernd. Dabei fehlt 
 j   f es aber im Allgemeinen nicht an 
   Ernst, Würde und Kraft, im Ein- 
  [f X zelnen nicht an glücklichen, selbst 
M"   bedeutenden hlütläßlhäleliülldelßfm 
x  der Anordnun (es a enwur es. 
 Vorzüglich befchtenswerth sind die 
beiden Reliefs der Verkündigung 
Der Engclkopf aus im Verkiindigung- und des Erzengels, beide durch ein 
Oigenthümliehcs Pathos, bei jenem in feierlicher Ruhe, bei diesem in ener- 
gischem Sehivunge, ausgezeichnet. Einzelne flatteriide (zeivandeckell U36" 
sondei-s bei der Darstellung des Erzengels) kommen in ganz gleicher Weise 
häufig in Handschriftbildern vom Ende des zwölften Jahrhunderts vor.  
In demselben Stylc ist sodann ein Relief gearbeitet, welches sich llIlnHalb- 
rund des einen der beiden Portale auf der Ostseite des Domes (nordlich 
von der Absis) beiindet. In demselben sinddargestellt: ein Bischof, St. 
Georg, St, Petrus, Maria mit dem KIDÖC, Kaiser Heinrich und _Kuniguii e, 
ein Geistlicheh Heinrich und Kuiiigunde tragen bereits Heiligenscheine. 
Da nun ihre Heiligsprechuiig erst im Jahr 11445 erfolgte L S0 kaffn auch 
das Reiief erst nach dieser Zeit gefertigt sein. Und da, allem ausseren 
Anschein nach, dies Relief und ebenso die Reliefs an den Brustungsivanden 
des Chores mit den Architekturtheilen, zu welchen sie gehören, gleichzeitig 
sind, so dürfte auch hieraus ein Beweis für das nicht frühere Alter der 
letzteren zu entnehmen sein.   
Reichen Sculpturschmuek hat ferner, wie bereits angedeutet, das grosse 
Püster. 
Te-eutschen. 
Geschichte der 
117.
	        
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