III.
Reiseblätter vom Jahr
1834.
141
Petrus und Paulus und zwei andre Heilige. Die Zeichnung ist starr, wie
in den Miniaturen des 12. Jahrhunderts, der Faltenwurf durchaus in paral-
lelen Linien und nur mit ganz einzelnen bewegteren Motiven. Die Linien
sind mit röthlicher Farbe untergezeichnet, dann die einzelnen Theile einfach,
ohne Schattirnng, kolorirt und _jene Linien darüber in schwarzer Farbe wie-
derholt. In den Gesichtern ist die Zeichnung röthlich geblieben, auch sind
hier Schattirungen versucht, sowie feste Lichter aufgesetzt. Gold ist in
den Scheinen und Kleidersäumen angewandt; der Grund des Ganzen ist
ein schönes Blau. Unter dieser Darstellung, durch ein Zikzak-Ornament
davon getrennt, waren ebenfalls stehende Heilige befindlich, davon die
Köpfe noch sichtbar, sind. Umgeben ist die Nische von zum Theil sehr
zierlichen gemalten Ornamentstreifen 1).
Vom J. 1846. Unter den im Kapitelsaal aufgestellten Kunstwerken:
eine auf dem Throne sitzende Madonna mit dem Kinde,_ eine hautrelief-
artig behandelte und zum Anlehnen an eine Fläche bestimmte Holzstatue
von ungefähr 272 Fuss Höhe. Mehrfach verletzt; die rechte Hand der
Madonna selbst fehlt, die Finger der rechten Hand des Kindes und die
Zehen, seines linken Fusses beschädigt, ebenso die Krone der Madonna,
auch der Thron, dessen Lehne ganz fehlt. Der Ueberzug an Farbe und
Vergoldung grossentheils abgeblättert (so dass es zweckmässig sein würde,
ihn ganz zu beseitigen). Die Haltung etwas steif; dabei aber ein sehr
feines Naturgefühl und eine hohe, bedeutungsvolle Schönheit, der Art, dass
dies Werk als ein Beispiel der edelsten, freisten und letzten Entwickelung
des germanischen Styles erscheint.
Goslar.
Auf grünen, frischbethairten Waldpfaden war ich rüstig nach Norden,
immer am Saunie der Harzbcrge hingewandert. In den nördlicheren Ge-
genden verliert der Harz jene Heiterkeit, ich möchte sagen, Jugendlichkeit,
die ihn mir in den südlicheren Strichen lieb gemacht hatte; hier bedecken
sich die Berge mit düsteren Tannenwäldern, die mit ihren bleichen Stäm-
inen einen ernsten, fast melancholischen Anblick gewähren. Und eben so
ernsthaft blicken die wenigen Trümmer der Harzburg, welche der hohe König
Heinrich I. hier als seine Vtlohnung erbaute, auf den Wandrer nieder. Aber
die dunkeln Berge tragen reiche Schätze in ihrem Innern, und der Pflege
des Bergbaues verdankt die alte Stadt Goslar, wenn nicht ihre Entstehung,
so doch bestimmt ihr erstes Aufblühen.
Goslar liegt in einem, rings von hohen Bergen eingeschlossenen Thale;
es besitzt keine ausgezeichneten Kirchthürme, deren es auch nicht bedarf,
da man keinen Blick aus der Ferne auf die Stadt hat, solche Thürme
sind wesentlich ein Bedürfniss der Ebene. Aber die kurzen massigen
Mauer- und Thor-Thürme, deren es in alter Zeit gegen 200 gehabt hat,
bezeugen, wie sicher und fest es zwischen seine Berge hineingerammt war,
1) Die Kirche ist seit jener Zeit vollständig restaurirt werden; dabei hat
man, nach Wegnahme der Gewölbe und Abhlätterung der Tiinche, die grösste
Fülle alter Wandgemälde, die an Schönheit jenen Reliefs würdig zur Seite stan-
den, entdeckt. Einen ausführlichen Bericht über dieselben, wie über die dunkle
Baugeschichte der Kirche, hat Hr. v. Quast im Kunstblatt, 1845, No. 52 ff,
gegeben.