Volltext: Kleine Schriften und Studien zur Kunstgeschichte (Bd. 1)

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und ihre 
Kirchen 
Deutsche 
Denkmäler. 
um die Verhältnisse des Ganzen und seiner Thcile noch deutlicher her- 
Vßrirßlßn Zll lassen, mit einer so blendend weissen Farbe angestrichen und 
durch die unbemalten Fenster fallt überdiess so viel überflüssiges Licht 
herein, dass nun auch die ganze grosse Leere und sämmtliche schlechte 
Monumente des siebzehnten Jahrhunderts mit ihren arg gequälten Gestalten 
recht in die Augen fallen. Aber jenes magische Helldunkel, welches wie 
eine schöne fromme Sage vergangener Zeiten zu uns spricht und die Brust 
mit einer stillen Sehnsucht füllt und welches gleichsam ein Schatten ist 
der heiligen, märtyrerglühenden Fensterbiltler,  jener geschichtliche Zau- 
ber ist geraubt. Wir erinnern uns nun vielleicht an irgend einen Vortrag, 
den wir einmal über altdeutsche Architektur gehört haben, wir nehmen den 
Messstock zur Hand, freuen uns über die vortrefflichen Verhältnisse des 
Ganzen, gehen über einzelne geringere Missstände mit schuldiger Nachsicht 
für den damaligen kindlichen Zustand der Kunst hinweg, und sind, im 
Ganzen genommen, künstlerisch sehr erbaut,  0b aber auch, was man 
etwa so nennen dürfte, menschlich? 
In einem Winkel neben der Kirche, unter allerhand bei Seite ge- 
brachten Altcrthümern, sah ich die beiden Schutzpatrone des Domes zu- 
sammengestellt, den heiligen Mohrenheldcn Mauritius, dem die beiden 
Beine fehlten, und die heilige Katharina, die gleichfalls verschiedene Be- 
schädigungen erlitten hatte, beide aber in ihren Trümmern noch von wun- 
derbar rührender Schönheit: Mauritius, ein lträftiger, blühender Bursch 
mit einem ganz leisen Anflug von Schwärmerei; Katharina, eine hohe, 
fromme Gestalt, mit aller deutschen, heiligen Weiblichkeit. Und nun? 
An dem Nordportal, wo die beiden Statuen sich befanden, hat man einen 
neuen Mauritius und eine neue Katharina gemeisselt, als 0b es eben mit 
dem Meisseln gethan wäre. Beide standen gerade unter einem Bretter- 
verschlag, so dass ich sie nicht sehen konnte; indess bezweifle ich gar 
nicht, dass die Arbeit recht brav ausgefallen sein wird. Aber was wollen 
wir denn mit diesen Heiligen? was gehen uns aufgeklärte Protestanten 
Mauritius und Katharina an? Wir werden, wenn die Arbeit vollendet ist, 
vorübergehen und etwa sagen: „Ei, welche schöne Statuen! welch ein vor- 
tretilieher Bildhauer!" Bei den alten, beschädigten (möglicher Weise aber 
rcstaurirten) Figuren hätten wir eben noch ein klein wenig mehr zu den- 
ken gehabt. 
Ja ich möchte, wenn es sich um die Restauration eines solchen Bau- 
werkes handelt, die Erhaltung selbst manch eines Umstandes wünschen, 
der, vielleicht im Widerspruch mit den Gesetzen der Schönheit, einmal 
ein Wahrzeichen der Stadt und ihrer Geschichte geworden ist. Ich meine 
hier insbesondere jene mangelnde Blumcnkrone des einen Thurmes, die 
demselben in der verhängnissvollen Belagerung Magdeburgs unter Tilly, 
im Jahre 1631, abgeschossen ist. Die Geschichte dieser Belagerung haftet 
aber seit unsrer Knabenzeit mährchenglcich, wie der Brand von "Froja, wie 
die Eroberung Roms durch die Gallier, fest in unserm Gedächtniss; und 
ich weiss nicht, 0b das Erwecken solcher Erinnerungen durch ein so augen- 
fälligcs Denkzeiehcn nicht mehr werth ist, als das Aufheben all und jeder 
Disharmonie    
Unter den Gebäuden, die aus jener Belagerung und der darauf erfolgten 
Zgrgförung der Stadt gerettet sind , ist, nächst dem Dom, besonders die 
ist 
Die Restauration dieser Blumenkrone 
unterblieben.
	        
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