III.
vom Jahr
Reiseblätter
1832.
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erwähnt: vornehmlich durch das darunter befindliche Gebet aus der Mitte
des dreizehnten Jahrhunderts, welches die Gläubigen vor diesem Bilde zu
halten hatten und wofur ihnen zufolge der Unterschrift vom Papst
lnnocenz IV. eln Ablass zugesrchert war. Dieses Gebet, ein, für die Ge-
schichte der Bilderverehrung vielleicht nicht ganz unwichtiges Beispiel,
lautet in freier Uebertragung etwa folgendermaassen:
Sei gegrüsst, o Angesicht, das der Heiland träget,
Drinnen sich der Gottheit Licht wunderbarlich reget,
Das Veronika empfing, liebevoll beweget,
Auf ihr Linnen, weiss wie Schnee, sorglich ausgepräget.
Sei gegriisset, Zier der Zeit, Spiegel der Gerechten,
Du der Sehnsucht Gegenstand allen Himmelsmächten,
Mach' uns rein und führ' uns weg aus dem Kreis der Schlechten
Und lass auch für uns den Kranz der Erwähltßn Üßßhtßn!
Sei gegrüsset, unser Trost in des Lebens Wehen,
Die, wie bang und schwer sie sind, bald vorübergehen;
Fiihr' uns, heilig Bild, wenn wir in die Heimat gehen,
Dass wir Christi Angesicht sonder Hülle sehen!
Christi Angesicht, du trägst alles Heiles Samen!
Welches Lob und welcher Preis reicht an deinen Namen?
Mache du des Feindes Wuth gegen uns erlahmen,
Und gieb deinen Frieden uns, dass wir sprechen: Amen!
Die Preussische Regierung, die nicht nur den Werken lebender Künstler
Schutz und Pflege angedeihen lässt, sondern auch auf Erhaltung grossartiger
Monumente der Vergangenheit bedacht ist, wohl erkennend, dass das
Leben der Gegenwart nur über den Grundpfeilern der Geschichte sich er-
bauet, hat mit hohem Sinn auch eine Restauration des Magdeburger
Domes, über den mehr als ein Sturm dahingegangen ist, angeordnet; auf
dass aus demselben in ungetrübter Herrlichkeit der ernste, kräftige Sinn
unserer Vorfahren zu uns reden und ein gleiches Streben in uns erwecken
möge. Diese langjährige Arbeit naht sich bereits ihrem Ende; bei meiner
Anwesenheit war man schon mit der Restauration der Thürme beschäftigt.
Doch dünkt es mich, als ob es ein gar schwieriges und alle Besonnenheit
in Anspruch nehmendes Werk sei, wenn man die Grenzen einer solchen
Restauration bezeichnen und die verschiedenen Ansprüche gegen einander
abwägen will, welche von Seiten der Aesthetik, von Seiten der Geschichte
und Poesie gemacht werden müssen. Wir haben z. B. wenig Recht, wenn
Wir einzelne, in einem solchen Dom vorhandene Monumente von der Stelle,
die ihnen viele Jahrhunderte hindurch zuerkannt ist, hinwegrücken, um
etwa die Hauptlinien der Architektur ungestörter verfolgen zu können;
mir scheint vielmehr, als ob eben diese, im Verhältniss zum Ganzen so
geringen Unterbrechungen das Malerische des Eindruckes begünstigen und
dem Auge, welches sich in den gewaltigen Räumen und Massen so leicht
verliert, angenehme Ruhepunkte darbieten; es versteht sich von selbst,
dass hier nicht von den, alle Harmonie störenden Priechen oder Emporen
oder von den sonstigen Einrichtungen, welche ein veränderter Zweck des
Gebäudes und eine vornehmere Bequemlichkeit seiner Besucher hervorge-
rufen, die Rede sein kann. Man hat zugleich das Innere des Magdeburger
Domes, vielleicht um jenen architektonischen-Eindruck noch zu erhöhen,