Studien
Berlin und
der
Um gegend.
113
halboifeneii gebrochenen Augen dargestellt. Der grosse Schmerz in dem
knabenhaften Johannes zu dessen lläupten, in den knieenden, klagenden
Frauen, in den beiden Greisen zeugt, wie er sich auch in den verschiede-
nen Figuren verschieden äussert, von dem reinen und einfältigen Gernüthe
des Meisters, und bis in die Seele des Bescliauers geht der auf diesen ge-
richtete Blick der einen Frau, welche die Schmerzensmutter von hinten
umfasst. Die Verbrecher an den andern beiden Kreuzen sind gleich-
falls ihrer verschiedenen Eigenthümliclikeit gemäss gehalten; eine reiche
Landschaft würde das Auge des Beschauers in die Ferne hinausziehen, wenn
es nicht unwillkürlich immer wieder auf die Gruppe des Vorgrundes
zurückkehrte.
Auf der oben genannten nördlichen Empore hängt unter andern noch
ein Gemälde welches Tliurneisser als eine Gedächtnisstafel bei dem Tode
seiner zweiten Gemahlin in der Kirche aufhängen liess. Es stellt ihn mit
den Scinigen in Pilgerkleidern dar, knieend und emporschauenil nach einer
Erscheinung der heiligen Dreifaltigkeit. Charakteristisch ist das scharf ge-
schnittene Profil des seltenen Mannes.
Das jetzige Altarblatt ist ein gut gemeintes Bild im llaarbeutelstyl.
Auf der Rückseite befinden sich mehrere alte Gemälde auf Goldgrund,
welche aber durch den frechsten Muthwillen gänzlich rninirt sind; die we-
nigen halberlialtenen Köpfe, die noch wehmüthig aus den Trümmern her-
vurblicken, verrathen manche Spur ihrer ehemaligen Trefflichkeit.
In der Sakristei zeigt man ein hübsches pokalartiges Gefass von Mes-
sing mit einem hohen, spitzen Anfsatze, welches vermuthlich zur Anf-
bewahrung von Hostien diente. Es ist in der l-lauptform sechseckig, mit
Thürmchen auf den Ecken und mit kleinen Medaillons auf den sechs Sei-
tenfeldern, welche in getriebener Arbeit Momente aus dem lieben des
Heilandes die Geburt, die Geisselung, die Kreuztragung, den Ikreulßstod
und die Auferstehung und eine Rosette darstellen. Statt des einen
Thürmchens ist eine Figur des grossen Christoph mit (10111 Chflßlkllldß M1-
gebracht.
Wenn, wovon man seit einiger Zeit spricht, eine Renovation dieser
Kirche vorgenommen wird, so möchte wohl, unbeschadet der gottesdienst-
liehen Bedürfnisse. die ursprüngliche Form derselben in ihrer Reinheit
wieder herzustellen sein, so dass nemlich besonders die störenden und
wenig brauchbaren Emporen ganz hinaiisgeschaift würden. Und es durfte,
Wenn überhaupt eine, gerade diese Kirche gleichfalls ohne Eingriff in
die Rechte des Gottesdienstes zu eiiiem_Museu_m fur Denkmaler der
Vaterländischen bildenden Kunst, S0 W16 dje Montzkapelle lrf Numläergi
nicht unpassend erscheinen. _Solcher Denkmaler ist aäier ällrlt? 310m äerldllge
Menge in Stadt- und Dorfkirchen verstreut und lei er cm [CSU e er-
selben zumeist noch unbekannt. Wir haben deren manche von edeuten-
dem Kunstwerth gefunden; aber sie befanden sich nur zu oft in sehr ver-
nachlässigtem Zustande und gehen mehr und mehr ihrem Untergange
h
entgegie: erwünschte Renovation der Klosterkirche ist vor mehreren Jahren
erfolgt. Das Aeussere, wenigstens die Facadenseite, hatrdabei eine reichere
architektonische Ausstattung erhalten: zwei achteckige lhiirrne mit zierli-
chen Spitzen, die zu den Seiten des Portales. vorgebaiit sind, und ein mit
leicht durchbrochener Spitze versehenes Thurmchen uber der Zinne des
Kilgler, Kleine Schrifiril. I. 8