n. Studien in 11mm und der Umgegiend. 101
Thür sah ich ein herrliches Basrelief, die Verkündigung vor-stellend: links
der Enge], rechts Maria. oben Gott Väter; sehr lieblich ist das von diesem
in den Strahlen xiiederschwebende Kindchen mit dem Kreuz.
STUDIEN
IN
BERLIN
UND
DER
UMGEGEN I).
Bei mehreren Reisen, bei dem schönen Studienanfenthalte zu Heidel-
berg, der zu vielfältigen kleinen Excnrsionen benutzt ward, war eine Fülle
der verschiedenartigsten baulichen und bildnerischcn Denkmäler meinem
Auge vorübergegangen. Mein hochverelirtci- Lehrer F. H. von der Hagen
wie er mein Interesse an jenen Ilandscliriftbildern des Mittelalters freund-
lich förderte hatte mir auch für diese Anschauungen diejenige Belehrung
gegeben, die auf die Styl-llnterschierle und deren geschichtliche Folge hin-
deutend, in der bunten Fülle eine gesetzliche Entwickelung, eine auf in-
neren Gründen beruhende Gliederung erkennen liess. In Berlin wurde
sodann diese Betrachtung der Denkmäler ernstlicher aufgenommen, wenn ich
mir auch des eigentlichen Zieles, worauf solches Treiben hinaus wollte,
noch nicht klar bewusst war; das kunstgeschichtliche Interesse war-einer-
seits noch von dem poetistah-liistorischeii, andrerseits von der Freude an der
vielgestaltigen Ornamentik des Mittelalters abhängig. Das nähere Eingehen
auf die Gestaltung und Verwendung des Ornamentes gewann für mich
längere Zeit ein Haupt-Interesse. Dazu kam ein, fast bis zum Eigensinn
gesteigerter Drang, gerade auch auf diesem Boden der Berliner Gegend,
der sonst als nicht sonderlich fruchtbar für die Monuinentalgeschiclite gilt,
Gelegenheit für derartige Studien zu suchen, auch hier Schätze dei-Vorzeit
aufzugraben, die unter dem lärmenden Treiben des Tages verschollen
waren. Ich muss fast lächeln, wenn ich des Eifers gedenke, mit welchem
ich diesem Thun naclihing, nicht selten dem erdenklich wüstesten Wetter
zum Trotz. Es ist davon dies und jenes Einzelne in meinen Papieren
zurückgeblieben.
Als ältestes Baudenkmal der Gegend zog mich die kleine, malemsfh
gelegene Kirche zu Tempelllßfi eine halbe Stunde Füqhch von Berhm
an. Sie bildet im Grundriss ein einfaches Viereck, mit einem halbrunden
Ausbau für den Altar, und ist (lnrchweg aus schön und regelmässig zuge-
hauenen Granitquadern erbaut. Die Fenster waren ursprünglich klein,
äusserst schmal und im Halbkreise überwölbt; auf jeder Seite des Schiffes
befanden sich deren sechs, an dem Ausbau drei. Die Portale auf der Nord-
und Südseite sind einfach spitzbogig überwölbt; von einem ähnlichen Por-
tal auf der Wcstseite sah ich schwache Spuren. Später sind in der Altar-
nische ein kreisrundes und zwei kleine, im Spitzbogen überwölbte Fenster
eingebrochen und durch gebrannte Steine ausgemauert. Noch später waren
andre Veränderungen mit den Kirchenfenstern vorgenommen. Auf der
Süd- und Westseite sind die (iraiiitquadern an mehreren Stellen beschädigt,
vermuthlicli durch die Nähe irgend eines Brandes. Die Kirche ist und war
nicht gewölbt, vielmehr flach mit Brettern gedeckt; nur die Altarnischc