Volltext: Tizian (Bd. 1)

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ANFÄNGE 
VENEDIG. 
CAP 
III. 
Annahme nichtm Viel sicherer ist seine Bekanntschaft mit den 
Pesari, welche Freunde der Borgia's waren, und deren Glücks- 
umstände mit den Schicksalen der Republik in den Kämpfen gegen 
die Türken stiegen und fielen. Venedig hielt für gewöhnlich am 
Hofe von Constantinopel einen Gesohäftsträger, aber es gab ausser 
der Republik noch eine ganze Anzahl von Staaten, die stets be- 
reit waren, mit dem Sultan zu intriguieren, wenn sie glaubten, sie 
könnten seine Janitscharen oder seine gefürchteten Kriegsschiffe 
zu eignem Vortheil einem Nachbar auf den Hals hetzen. 
Wie wenig dieses Zeitalter politische Skrupel kannte, be- 
weist am besten die bekannte Thatsache, dass Se. Allerchrist- 
lichste Majestät der König von Frankreich es nicht gegen Ehre 
und Gewissen hielt, die Hilfe der Muselmänner gegen Christen 
anzurufen und dass der Papst ebenso wenig Anstand nahm, dem 
Feinde der Christenheit Rathschläge zu ertheilen, wie er ein 
christliches Fürstenthum am besten verheeren könne. Im Jahre 
1494 liess Alfonso von Neapel dem Sultan Bajazet Otranto und 
Brindisi bieten, wenn er Scio angreifen und die Genuesen von 
den Franzosen trennen wolle." Im eigenen Namen und im Auf- 
trage Anderer setzten die Florentiner im Jahre 1497 dem Sultan 
50,000 Dukaten als Preis für einen Angriff auf Venedig. ff Noch 
vor der Invasion Italiens durch Ludwig XII. überredete Lodovico 
Moro den Papst Alexander VI., einen Gesandten an Bajazet zu 
senden, um ihn wissen zu lassen, Venedig sei im Bündniss mit 
Frankreich und könne möglicherweise die Herrschaft über Italien 
erlangen. Der venezianischen Diplomatie gelang es jedoch, diese 
Umtriebe zu entdecken und den heiligen Vater nunmehr zur Allianz 
mit Frankreich umzustimmenfi In Folge dieses Uebereinkommens 
liessen die Borgia's es sich angelegen sein, Einfluss in Venedig 
zu gewinnen, in der Hoffnung, dort für ihre übergreifende Haus- 
3' Vgl. handschriftliche Anmerkungen E. Cicognzfs zu Tizianellds anonymer 
Biographie Tiziaifs, aufbewahrt im Seminario zu Venedig. 
32 Domenico Malipiero, Annali Veneti, parte I. S. 144 im Archivio storico 
ital. VII. Florenz 1843. 
33 Dom. Malipiero. Annali I. S. 159 (Arch. stor. VII. S. H3). 
34 Malipiero a. a. 0.
	        
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