Volltext: Tizian (Bd. 1)

48 ANFÄNGE IN VENEDIG. 
E 
III. 
Durcharbeitung das Fleisch, die Kleidung und den Boden zu 
unterscheiden. Als ein Beweis für die Stetigkeit, mit welcher 
Tizian's künstlerischer Genius sich entwickelte, mag die Wahr- 
nehmung dienen, dass die Gestalt des Kindes der Prototyp der- 
jenigen ist, welche ein Vierteljahrhundert später auf dem grossen 
Altarbilde der Gasa Pesaro ihren Platz fand. Ebenso malt Tiziaxl 
auf diesem Bilde schon eine entzückende, reizvolle Landschaft, 
die aber weder an Oadore noch an Venedig erinnert, sondern an 
das Uebergangsland mit seinen noch nicht in Spitzen aufragenden 
Hügeln, die hier und da durch eine Meierei belebt und mit Ge- 
hölz bewachsen im" Schleier des Nebeldunstes liegen. Die Unter- 
malung dieser Landschaft ist eine blosse Aufreibung von Umber, 
im Mittelgrund ist, nach Giorgionds Manier, ein Soldat im 
Brustharnisch auf dem Rasen sitzend angebracht, die Ferne be- 
deckt gleichförmige gemassigte Atmosphäre, aber die vorderen 
Figuren sind glänzend wie Marmor und der jugendliche Maler 
versteigt sich bereits zu einem Lichteifekt, indem er den Schatten 
kecklich auf den Vorhang hinter der Gruppe wirft. Zufällige 
Ursachen, wie die Restaurierung des Himmels und des Steinwerks, 
steigern jetzt den Contrast zwischen der Landschaft und den 
Figuren, sie geben aber auch eine Erklärung für das Verschwin- 
den des Inschriftzettels, auf welchem des Meisters Name gestanden 
hat und für dessen Existenz eine alte Copie des Bildes im Museum 
Zll 
Rovigo zeugt? 
Die ersten Leistungen 
kennzeichnen 
Tizian 
bereits 
als 
einen 
 
22 Wien, Belvedere I. Flur, ital. Schulen, Zimmer II. N0. 41. Holz, h. 2 F., 
br. 2 F. 7 Z_, aus der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm in Brüssel 
(17. Jahrhundert) stammend; eine Copie von Tenicrs in Windsor Custlc; Himmel 
und Mauerwerk sind übermalt, die Flcischtheile durch ungleiehmiissige Entfernung 
der Lasuren fleckig geworden, was besonders an den Partien um Marias Augen 
auffällt. J 02111 Meysseds in Antwerpen erschienener Stich des Bildes zeigt am Fen- 
stcrsims die Aufschrift "Titianns pinx". Die Copie im Museum zu Rovigo, welche 
die Inschrift „Titianus F." auf Zettel an der Wand links trägt, ist vermuthlich 
das Lcinwandbild, welches 1845 Bcstandtheil der Sammlung Barbarigo in Venedig 
war. Vgl. Kraffifs hisL-krit. Katalog der k. k. Gemälde-Galerie _zu Wien, WVien 
1854, S. 27 und Giau Carlo Bevilacquaß Insigxie pinacoteca Barbarigo della. Terrazza. 
l845. S. 73.
	        
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