Lä
häufig, dass der Baumeister den Maler gegen sehr geringe Ent-
schädigung beschäftigte, Während er dem vornehmen Eigenthümer
die Malerei seines Hauses hoch in Rechnung setzte."
Einer der frühesten Nachweise, den wir über Tizian's künst-
lerische Thätigkeit haben, bringt seinen Namen mit der Deko-
ration der Stirnseite eines Hauses in Verbindung. Ueber der
Thür der Halle auf der Landseite des Palastes Morosini in der
Rio di San Canciano war ein Fresko-Gemälde des Herkules, von
dem die Rede ging, es sei eine der allerersten Arbeiten, die Tizian
in Venedig unternommenf" Er hat aber auch in sehr früher Zeit
schon Madonnenbilder geliefert, und zwar trat in diesen Werken
bei ihm dieselbe Sorgfalt und Inbrunst der Auffassung hervor,
welche die ältere venezianische Schule ausgezeichnet hatte.
Wir besitzen von wenig Künstlern so viele Privatbriefe wie
von Tizian, aber seine Correspondenz gibt keine Aufschlüsse über
innere Erlebnisse; sie erstreckt sich nur auf geschäftliche An-
gelegenheiten. Wir können daraus nur errathen, dass er als
Jüngling das Leben eines Lehrlings führte, seine Werk- und
Feiertage hatte und an jenen ersteren tüchtig arbeitete, um diese
redlich zu verdienen. Sein Vater War allem Anscheine nach nicht
reich genug, um ihm die Mittel zu gelegentlichen Ausflügen in die
Heimath zu gewähren, er hat aber wahrscheinlich doch Conte's
Landhaus in Cadore wieder besucht, ehe sein Name in den höheren
Kreisen der Kunstpatrone Venedigs genannt ward. Ungeachtet
seiner wohlbekannten Verschlagenheit und Harte finden sich in
den Briefen des Vaters Zeichen der Liebe und Zärtlichkeit für
seine Kinder, und diese Kundgebungen des Vaterherzens lassen
auf das pflichtgemässe Betragen des Sohnes schliessen."
Die verloren gegangenen Porträts Gregorids und Lucia Vecelli's
wurden vermuthlich während eines Besuches in Cadore gemalt?"
L
17 Ridolü a. a. O. I1. S. 321.
15 Sansovino, Vän. descr. S. 391. Das Fresko existirt nicht mehr.
1" "Egli fu amorevolissimo Vcrso i parenti" Tizianello's Anon. S. 7.
20 s. Orazione panegirioa bei Ticozzi a. a. O. S. 321 und Ridolfi, Marav. II.
304. Das Bildniss Gregorids wurde in Venedig gezeigt, das Lucizfs in der