Volltext: Tizian (Bd. 1)

24 TlZlAN'S HEIMATH UND HERKUNFT. CAP. II. 
Tiziano Vecelli, der als Rechtsgelehrter in Cadore Ruf hatte, 
von Tiziano Vecelli dem Maler, seinem Verwandten, unterschieden 
werden; und bis nach dem Jahre 1600 folgten sich zahlreiche 
Tiziane als Söhne oder Vettern und Vettersvettern. 
Welche Gründe dazu geführt haben, dass ein Glied dieses 
alten Geschlechtes seine Kinder zu Malern in die Lehre schickte, 
ist schwer zu sagen. In der geraden wie in den Seitenlinien 
waren die Vecelli meistens dem Gelehrten- oder dem Wehrstande 
gefolgt. Guecello der Erste, Gilecelld der Zweite, Antonio und 
Conte, Vater, Sohn, Enkel und Urenkel Waren alle Rechtsgelehrte 
gewesen? Von Conte Vecelli erzählen die Jahrbücher von Cadore, 
dass er einer der Räthe von Pieve war, in welche das Volk das 
unbedingteste Vertrauen setzte. Auf seine Klugheit verliessen sie 
sich, als im Jahre 1478 ein Streit zwischen dem Podesta und 
dem Rathe entstand; seine Geschäftskenntniss musste 1482 und 
1504 bei schwierigen Kornbeschaffungen aushelfen; seine Erfah- 
rung war entscheidend, als die venezianische Regierung ihre Aussen- 
länder in Rücksicht auf den Türkenkrieg besteuern musste; seiner 
persönlichen Verwendung in Venedig im Jahre 1501 gelang die 
Abschaffung einer verhassten Abgabe auf „Wälder, Wiesen und 
Berge "f Aber Conte war ebenso arm, als er einiiussreich war. 
Bei einer wichtigen Gelegenheit, als von einzelnen Rathsherren 
in Pieve Hunderte von Dukaten eingingen, um den leeren Säckel 
des Landes wieder zu füllen, erklärte er in öffentlicher Sitzung, 
"er steuere nur zehn Dukaten bei, da er mehr zu geben nicht im 
Stande sei."  
Gregorio, Conte's Sohn und Tizian's Vater, war Soldat, "gleich 
hervorragend durch seine Weisheit im Rathe von Cadore wie 
durch seine Tapferkeit im Felde. " Er Ward im Jahre 1495 zum 
Hauptmann der "Oenturie von Pieve" erwählt und bekleidete dies 
Amt sicherlich bis 15086 1518 ist er Aufseher der Kornvorräthe 
3 Taddeo Jacbbfs Handschrift. 
4 Ciani a. a. O. I. S. 45, 71- 
5 a. a. O. S. 130. 
6 Taddeo Jacobfs Handschrift. 
126- 
428.
	        
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