Volltext: Tizian (Bd. 1)

Ä 
CAr. 
BONIFACIO 
UND 
SEIN 
EINIEUSS. 
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leuten eigene heitere und glänzende Farbenskala mit dem ge- 
bleichten, aber zart modellierten Fleischton Palma Veechids ver- 
band. Nach Palma's Tode eröffnete sich ihm ein sehr bedeuten- 
der Wirkungskreis, den er unter dem Beistand zahlreicher Gehilfen 
mit verhältnissmässiger Leichtigkeit und grossem Erfolge ausfüllte. 
Im XVI. Jahrhundert fand man seine Gemälde nicht nur in den 
Sälen der Gilden, in religiösen Gebäuden und den Palästen der 
Patrizier, sondern in allen öffentlichen Aemtern Venedigs. In dem 
,Magistrat0 de' governatori dell' Entrati" malte er i. J. 1530 die 
grosse Composition eines Christus mit Heiligen und allegorische 
Figuren der Tugenden, welche noch jetzt die Akademie von 
Venedig bewahrt, und ausserdem 'mehr als ein Dutzend Bilder, 
denen man hinsichtlich der grossen Geschicklichkeit des Mach- 
Werkes, die sich daran kundgibt, unmöglich die Bewundrung ver- 
sagen kann. Er war ein leichthändiger Maler zweiten Ranges, 
dessen Bilder, ohne hohen künstlerischen Werth, doch ihre Wirkung 
nie verfehlten; ein Mann, der offenbar viel schuf, weil er schnell 
arbeitete. Da er einmal in Mode war, stachelte sein Glück die 
junge Generation der Berufsgenossen auf. Gleiche Erfolge konn- 
ten sie nur hoffen, wenn sie mit seiner Handfertigkeit gleiche 
Schnelligkeit und damit obenein auch noch billigere Preise ver- 
banden. Wahrscheinlich ist es zum grossen Theil auf Rechnung 
des von Bonifacio gegebenen Beispiels zu setzen, dass der jüngere 
Nachwuchs, an dessen Spitze Paris Bordone, Tintoretto und Andrea 
Schiavone standen, verleitet ward, den Markt mit leichter skizzen- 
hafter Waare zu überschwemmen und die venezianische Kunst da- 
durch schwer zu schädigen. Am Zusammentreffen dieser Um- 
stände liegt die Schuld, dass die Kunst in Missachtung fiel und 
die Stellung der Zunftgenossen schwierig wurde. Dahin verstehen 
wir" auch die Bemerkungen Paolo Pino's, der i. J. 1548 erklären 
konnte „die Kunst habe aufgehört, wie früher belohnt zu werden, 
aber die Künstler wollten auch Meister sein, ehe sie die Lehr- 
lingszeit hinter sich hätten; Armuth und die schäbige Natur der 
Bilderkäufer verhinderten die jungen Leute, sich einem sorgfältigen 
Studium hinzugeben, sie wären vielmehr zum schnellen, werthlosen 
Producieren gezwungen, und ein aufstrebender Künstler sähe-es
	        
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