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STELLSJNG
TlZlAN'S
UM
1535.
C A1.
Composition der „ Schlacht bei Oadore" brauchte, und hielt den
Sommersturm fest, den er mit so bewundernswürdigem Geschick
London, auf dem Bilde im Buckingham-Palast wiedergegeben hat. Er
hgrflliiTilbefand sich vielleicht gegen Ende August am Rande des wirk-
lichen Alpenlandes, als dieser Windstoss über seinen Weg fuhr.
Ueber dem Vordergrunde zeigt der klare Himmel sein tiefstes
Blau, er verliert die Intensität des Tones und wird heller in
dem Maasse, in welchem er nach der Alpenferne zurückweicht,
deren Aussicht durch einen Weiler und Kirchthurm geschlossen
ist. -Eine graue Sturmwolke mit düsterem Rande und wirbelnden
Ausläufern, die mit Licht angehaucht sind, geht dem Regenschauer
voran, der im Vorübersausen eine Sintfluth über Feld und Wald
ergiesst. Licht und Schatten jagen einander über das bergige Ter-
rain, verleihen den Anhöhen vor dem Dorfe gespenstische Helle
und werfen die in geringer Entfernung davon sich erhebende Baum-
gruppe in tiefe Dunkelheit. Weiter nach vorn glänzt ein Streifen
Landes unter zitterndem Sonnenstrahl, noch näher bildet ein Beet
von buschigem Strauchwerk einen Vordergrund, durch welchen
zwei Schäfer ihre Heerde treiben und ein Bauer seinen Esel führt.
Auf dem Kirchweg in der Nähe kehren zwei Mönche beladen
von ihrem Bettelgange zurück und ein Hund sucht erschrocken
die Hütte. Die ganze. rechte Seite des Bildes ist mit schlanken
Baumstämmen ausgefüllt. In einigen von Tizian's ausgeführten
Bildern ist der Vordergrund mit Pflanzen bedeckt, die so genau
gezeichnet sind, dass wir sie mit Namen benennen können, manche
seiner Zeichnungen, Holzschnitte und Stiche sind merkwürdig
wegen der Manigfaltigkeit an Pinien, Buchen und seltsamen Ein-
zelheiten an Wurzeln und Steinen. Hier hat er sich die Aufgabe
gestellt, den Effekt eines Sturmes zu packen und die Plötzlichkeit,
mit der er kommt und vorüberrauscht, anschaulich zu machen.
Das Laubwerk ist im Pinselstrich conventionell, aber mit flüs-
sigem Pigment kühn auf die Leinwand geworfen. Mit Kraft und
Meisterschaft malt er den rasenden Flug der Wolken sowie die
durch ihre ziehenden Schatten auf dem Boden hervor-gebrachten
Veränderungen, und Dank dem Instinkt des vollendeten Malers
weiss er die durch die Wolkenmassen hervorgebrachte Düsterheit