318 TIZIAN UND KARL DER v.
Leinwand hat der Pinselstrich jene Kraft und Breite, welche
wir als Eigenthümlichkeit Tizian's anerkennen, aber der Hinter-
grund und andere Stellen sind' in einer Weise übermalt, die an
Paris Bordone erinnert. Ihm ist neuerdings das Bild auch wirk-
lich zugeschrieben worden." Dieselbe Auffassung ist wieder in so
vielen Nachahmungen und Umschreibungen vorhanden, dass ein
gemeinsames Original angenommen werden muss. Ob dies aber
das Porträt in Petersburg sei, lässt sich schwer sagen. Neben
den Copien,svon welchen hier nur die in Strahow bei Prag, im
Belvedere zu Wien, im Museum zu Vicenza, in der Sammlung
Montanari in Verona und Maldura in Padua erwähnt seien", ge-
denken wir noch eines Bildes im Depot des Wiener Belvedere,
welches ebenfalls Isabella darzustellen scheint. Es ist vermuth-
lich von einem Niederländer nach einem Originale Tizian's gemalt,
und zwar gibt es die Fürstin in späteren Jahren wieder. w
Stehen uns auch keine ausdrücklichen geschichtlichen Zeug-
nisse zur Seite, wenn wir annehmen, dass Francesco della Rovere,
47 Ein tizianisches Originalporträt Isabollzfs in "schwarzem Anzuge" muss sich
in Mantua befunden haben, wo Rubens es copierte (s. Sainsbury's Papers S. 237).
Das Bild N0. 111 der Ermitage in Petersburg (Leinwand, h. 0,98 11., br. 0,78 M.)
war nach Bestimmung WVaagens (s. dessen Verzeiehniss der Ermitage u. s. w., Mün-
chen 1864, S. 65) als Paris Bordone benannt worden (vgl. dagegen de Koehnes
Katalog I. S. 46). Isabella trägt hier ausgesehnittenes grünes oder blaues Kleid
mit gelbem Brokatmuster, weissen Puppänneln mit blauen Bündchen und einen
Turbankopfputz wie auf dem Wiener Bilde, um den Hals eine Perlkette; sie hält
ihren Prinzen am Arm, der, bis zu den Schultern sichtbar, in gemustertes Wams
mit lackrothen Aermeln gekleidet ist. Ausser ihrer Stirn und dem rechten Auge
sowie einem Theile des Halses und der linken Hand finden wir wenig an dem ganz
übermalten Bilde, was auf Tizian zurüekginge. Der Hintergrund ist nach Paris
Bordone aufgefrischt, doch im Ganzen hat es den Anschein einer verdorbenen Arbeit
Tiziarfs.
48 Die Copic in Strahow bei Prag ist das Bild N0. 1026, die im Magazin
des Wiener Belvedere gehörte der Sammlung Erzherzog Leopold Wilhelms an
und ist von Prenner als Palma Vecehio gestochen; die in Vieenza ist N0. 53 der
Stadtgalerie und dort unter Palma verzeichnet. Die Copie im Besitz weiland Graf
Montanarfs in Verona war in die Klasse der Schule des Giorgione versetzt, aber
89-112 durch Uebermalungen entstellt. Von der Copie in der Sammlung Maldura
können wir Nichts sagen.
49 Es ist das Porträt einer Dame in perlbesetztem Turban und rothem Sammt-
kleid im Magazin des Belvedere, möglicher Weise nach dem verlorenen Original
in der Sammlung Karls des I. gemalt.