Volltext: Tizian (Bd. 1)

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ALTARBILD 
FÜR s. 
GIOVANNI 
ELEMOSINARIO. 
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aus dem runden Abschluss in den eckigen verstümmelt, und wäre 
das Lieht in der Kirche heller und reiner als es leider ist, so 
würde man darüber einig sein, dass wir hier die schönste Leistung 
aus der mittleren Periode des Meisters vor uns haben. A" 
Inzwischen begann sich Tizian's gesellschaftliche Stellung in 
Venedig zu verändern und er konnte mit regerem Interesse dem 
seltsamen Strudel der Ereignisse tblgen, deren Schauplatz die 
Hauptstadt der Lagunen war. Karl der V. hatte durch seine Be- 
handlung der italienischen Angelegenheiten bei der Abreise nach 
Spanien ein Heer von Feinden hinter sich zurückgelassen. Es 
war eine Ligue ins Leben gerufen, welcher der Papst und alle 
kleineren Staaten Italiens angehörten. Clemens der VII. aber hatte 
sofort Schritte gethan, sein eigenes Werk zu balancieren, indem 
er ein Mitglied seiner Familie, das im Begriffe stand, die Tochter 
des Kaisers zu heirathen, gegen ein anderes ausspielte, das sich 
mit dem Dauphin von Frankreich vermählte. Venedig bewahrte 
weise Zurückhaltung und lehnte ab, sich zu binden. Infolge des- 
sen wurde die Lagunenstadt gewissermaassen zur Börse, wo alle 
Parteien ihre politischen Waaren feil boten, und hier war Aretin 
in seinem Element. Er empfing Anerbietungen von allen Seiten, 
ohne sich für eine entschieden zu erklären und ahmte so im 
Kleinen die Politik nach, welche Venedig selbst beobachtete. 
„Komm"  sagte Alessandro de' Medici, welcher Florenz be- 
herrschte und die Tochter Karls aus Spanien heimführte  wkomm, 
Freund, und mache mein Haus zu dem Deinigen. Du sollst für 
Dich den Palast Strozzi zum Geschenk haben. W "Hier"  schrieb 
Ippolito de' Medici  nsind goldene Ketten und Geld." "König 
Franz sendet Dir eine goldene Kette" schrieb der Gonnetable 
von Montmorency. „De1' Kaiser gibt Dir eine Pension und einen 
goldenen Becher" lockte D'e Leyva. Aretin fand bei allen diesen 
Werbungen Zeit, die Komödie „ Cortigiana" zu schreiben, in Welcher 
4" Das Bild ist auf Leinwand gemalt, der oberste Theil abgeschnitten und da- 
für unten Etwas angesetzt, die Figuren sind lebensgross; den Hintergrund bildet 
Himmel, theils von grünem Vorhang verdeckt. Nach Vasari XIII. 30 fuhrte Tizian 
das Bild in Ooneurrenz mit Pordenonc aus. 
41 Lettere seritte a P. Aretino I. S. 156. (Neue Ausgabe I. S. 261 und 263.)
	        
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