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TIZIAN
UND
KARL
DER V.
CAP.
Florenz,
Galerie
Pitti.
braunen Rock mit goldenen Knöpfen windet; in seiner rechten
Hand schwingt er den Kommandostab. Als hätte die brennende
Sonne des Donauthales sein Gesicht gebräunt, scheint die Haut in
tropischer Hitze zu glühen, während sie im Uebrigen so glatt
und geschmeidig ist wie die der Bella Gioconda des Lionardo.
Tizian's Gewandheit, die technischen Mittel je nach Art des zu
behandelnden Gegenstandes anzuwenden, tritt in diesem (jetzt in
der- Galerie Pitti befindlichen) Bilde vielleicht am schlagendsten
hervor. Man bemerkt keinerlei zarte Modulation in dem Gesichte,
dessen ganzer Charakter auf dein Contraste zwischen polierter
Haut, scharfgeschnittenen Zügen und Augen von ausgeprägter
Verschlagenheit beruht. Der ganze Kopf besitzt eine grossartige
Einheit, der Tizian durch breite und allgemeine Ausführung der
Lineamente, die ganz auf die geringeren Einzelheiten verzichtet,
Leben und Schwung gegeben hat. Dieser Effekt ist vornehmlich
durch weiche Ausrundung und durch den Ton erzielt, dessen Schmelz
und Wärme nicht genug bewundert werden kann. Erst wenn man
das Gewebe der Leinwand genau betrachtet, sieht man, mit wel-
cher Kunst die Farbe aufgetragen und wie geschickt die Farben-
masse durch einen Pinselstrich gebrochen oder durch eine Lasur
abgestimmt ist. Der Erfolg ist ein geheimnissvoller giorgionesker
Glanzßö
Ippolito begnügte sich nicht mit diesem einen militärischen
Porträt, er wünschte sich auch noch in der vollen Rüstung seiner
Zeit zu sehen. Vasari erzählt, er habe dieses zweite tizianische
Porträt im Palaste des Grossherzogs vlon Toscana angetrotfen, wo
bis zum Beginne des neunzehnten Jahrhunderts so viele Schätze
des Meisters verborgen gelegen haben?
36 Florenz, Pitti N0. 201, Halbflgur, Leinwand.
97 Puccini, welcher die Bildnisse des herzoglichen Paares von Ürbino aus
Schmutz und Staub rettete und in die Uffizien brachte, scheint dasjenige des Kar-
dinals Ippolito im Harnisch nicht gefunden zu haben (vgl. später und Vasari XIII,
39). 1m Louvre betindet sich unter N0. 478 das Bildniss Ippolitds in rothem
ungarischen Rock, auf Holz, h. 0,64 M., br. 0,55 M. Ehemals als Original Tizian's
katalogisiert, ist es jetzt als Copie bezeichnet und gehört vielleicht dem Battista
Frßnßß an (s. Vasari XI. 320). Wir bemerken übrigens, dass Tizian's Porträt des
Ippolito de' Medici auch von Rubens eopiert worden ist (s. Sainsburfs Papers S. 237).