ALLEGORIE FÜR DAVALOS.
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wurde Ritter vom goldenen Sporn und erhielt alle Gerechtsame,
die sonst durch Ritterschlag erworben werden; er durfte Schwert
und Kette mit allem Zubehör tragen und bei Hofe erscheinen
ein Vorrecht, von dem er, wie wir sehen werden, häufig Gebrauch
gemacht hatfo "Jedes Mal, wenn Tizian den Kaiser malte" ver-
sichert Vasari "empfing er dafür tausend Seudi in Gold." Wir
erfahren auch, dass er nach seiner Heimkehr aus Bologna diesen
Verdienst in Ländereien bei Treviso anlegte. Es gab in jenen
Tagen keine Gesetze in Bezug auf die todte Hand. Felder und
Landgüter waren häufiger im Besitz von geistlichen Genossen-
schaften als von Laien. Tizian wusste jedoch Federigo Gonzaga
für seine Ankäufe zu interessieren und ein gutes Wort des Herzogs
bei dem Kapitel von S. Benedetto in Polirone erleichterte den
von ihm so lebhaft gewünschten Handel. 3'
Während Tizian aber dem Kaiser diente, Wusste er sich zu-
gleich auch die Edlen an Karl's Hofe zu verpflichten, unter welchen
Davalos Marchese del Vasto eine hervorragende Rolle spielte. Er
war Soldat von festbegründetem Rute, sein Stern eben damals
im vollsten Glanze. In der Schlacht bei Pavia i. J. 1525 hatte
er Franz den I. in die Gefangenschaft führen sehen, seine Truppen
hatten die Gefahren des Neapolitanischen Feldzuges von 1529 ge-
theilt und er war Höchst-Kommandirender in der Lombardei, als
er im Herbst 1532 von seinem Monarchen nach Wien gerufen
ward, um gegen die Türken zu dienen, welche damals noch den
Ruf der grössten Grausamkeit, der ihnen ungeschmalert geblieben
ist, mit dem der höchsten Tapferkeit verbanden. Karl's Generäle
wussten sehr wohl, dass bei dem jüngsten Einfall der Ungläubigen
nicht weniger als 80,000 Christen in die Sklaverei geschleppt
3" Das im Besitz des Dr. Taddeo Jucobi in Cadore befindliche Diplom wurde
1850 von Cadorin gedruckt. Den vollen Wortlaut gibt auch Beltrame in seiner
Schrift Tiziano Vecellio, Mailand 1855, fol., früher erschien ein Auszug bei Ridolti
I. S. 234 ül, welcher den Erlass irrthümlieh aus dem Jahre 1553 datiert.
3' s. die beiden Briefe Federigds an Tizian, den einen vom 5. Juni 1523
(soll heissen 1533) von Pnngileoni im Giornale Areadieo für 1831 gedruckt, den
andern vom 9. Mai 1533 (aus Mantua) bei Gaye, Oarteggio II. S. 249. Codicli
bezeugt (bei d'Areo, Arti di Mantova II. S. 123), dass die Canoniei von S. Bene-
detto in Polirone einen "Christus? von Tizian besässen und es ist nicht unmöglich,
dass Tizian ihnen ein solches Bild bei seinem dortigen Landerwerb in Kauf gab.
Crowe, Tizian I. 20