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KARL
VUND
DER V.
CAP.
wenn er das höre, worauf Casella die hofmännische Entgegnung
fand: „ Allerdings dürfe der heilige Vater Vielleicht Grund erhalten,
zu beklagen, dass die Züge des Herzogs dem Herzen des Kaisers
eingegraben worden seienfm Ob Oovos das Bildniss des präsum-
tiven Erben der Este erhalten, ob die „Judith", der "Michael"
und die "Madonna" Bilder von Tizian gewesen und ob Tizian
von dem Bildnisse Alfonsds eine "Wiederholung gemacht habe,
sind Fragen, über welche die geheimen Papiere von Ferrara keinen
Aufschluss geben. S0 viel nur steht fest, dass eine Nachbildung
von Alfonsds erstem Porträt in des Meisters Werkstatt angefertigt
wurde. Es ist das Bild, welches vor einigen Jahren aus der Kau-
nitz'schen Sammlung in Besitz des Herrn Artaria in Wien über-
ging." Die Bestellungen des Herzogs, von denen Casella gesprochen
hatte, bezogen sich möglicherweise auf diese Copie, vielleicht auch
auf ein zweites Bildniss Altonsds, das Tizian i.J. 1537 vollendete
und an Ercole den II. ablieferte. Endlich kann auch eine Alle-
gorie „Minerva und Neptun" gemeint gewesen sein, welche Vasari
untertig im Hause Tizian's in Venedig gesehen hattefä Von allen
diesen Gemälden aber hat sich keins lange erhaltenfö
Nachdem Tizian die Weisung erhalten, dass der Kaiser ihm
zum Porträt sitzen werde, bat ihn der Bildhauer Lombardi, er
möge ihm doch Gelegenheit geben, Seine Majestät zu sehen, und
Tizian erlaubte ihm, seinen Malkasten zu tragen. Am Beginn
der Sitzung zog Lombardi ein Tätelchen Wachs aus der Tasche
und formte ein Reliefporträt Karl's, das er in seinen Aermel gleiten
liess. Der Kaiser aber hatte das bemerkt. Er liess sich das
Wachstätelchen geben, lobte es und fragte den Künstler, ob er
13 Campari, Tiziano e gli Estensi S. 21-24.
14 Dieses Porträt, auf Leinwand gemalt, ist genaue Copie desjenigen unter
N0. 452 in der Madrider Galerie. Es ist auch ebenso bezeichnet, rührt aber von
jüngerer Hand her.
Vasari XIII. 44.
16 Die Galerie Pitti in Florenz besitzt unter N0. 311 ein Porträt, welches
den Herzog Alfonsolmit der rechten Hand auf eine Kanone gestützt, die Linke am
Degen darstellt und der Beschreibung entspricht, die Vasari XIII. 25 von einem
Tizianischen Bilde gibt. Dieses ist jedoch nicht von dem Meister, sondern von
DOSSO DOSSi; wir dürfen vermuthen, dass das Original verloren gegangen und nur
diese Copie auf uns gekommen ist,