CAP.
VOTIVBILD FÜR GRITTI
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Dogen. Am 6. Oktober 1531 verzeichnet Sanuto einen Besuch im
herzoglichen Palast, wo er Tizian's eben erst Vollendetes Gemälde
sah." Dasselbe stellte den heiligen Markus mit dem vor der Jung-
frau knieenden Gritti, umgeben von einer Schaar von Heiligen
dar. „Man erklärte sich" berichtet er "den Gegenstand
so, dass unter den Heiligen ein Streit ausgebrochen sei, wer von
ihnen das Meiste zur Erhebung von „Serenissimus" beigetragen
habe. St. Bernardino mache geltend, dass der Doge an seinem
Namenstage erwählt worden, die heilige Marina behauptete, er
verdanke seine Erhebung der Wiedereinnahme von Pavia, die am
Tage ihrer Canonisation stattgefunden habe, der heilige Ludwig
weise darauf hin, dass Alvise Pisani, der Prokurator von St. Marco,
welcher die Haupttriebfeder zur Erhebung des Dogen gewesen,
seinen Namen trage. Markus habe nun von dem Streit gehört
und den Dogen sammt den Heiligen vor die Jungfrau geführt, da-
mit sie dieser den Fall Vorträgen." Das einstimmige Urtheil aller
venezianischen Geschichtsschreiber nennt das Bild eins der glück-
lichsten, welche Tizian je geschahen. Leider ging es bei der
Feuersbrunst von 1577 zu Grunde.
Im Winter 1531 auf stattete der Meister wahrscheinlich
seinen jährlichen Besuch in Cadore ab. Im folgenden Sommer
finden wir ihn theils in Ferrara oder mit eigenthlimliehen Be-
stellungen der Gonzaga beschäftigt. S0 malte er unter anderem
jetzt eine Gazelle nach der Natur, welche aus Egypten herüber-
gebraeht worden war. Unmittelbar vor dem Besuche des Kaisers
in Mantua nahm er einen Dekorationsmaler in Dienst, der den
auffallenden Beinamen „il Piaeevole" trug."
78 s. den Auszug aus Sanuto im Anhang unter N0. XXXVI.
79 vgl. darüber die Briefe vom Juni, Oktober und November 1532
unter N0. XXXVI-XLIX.
im Anhang