290 TIZIAN um: ARETIN. cum 1x.
Hätte Tizian sich nur halb so viel Mühe gegeben, seinen
Sohn Pomponio in die Kunst einzulernen, wie er anwandte, ihm
Sinekuren zu verschaffen, so würde er besser für ihn gesorgt und
sich selbst ein glücklicheres Alter bereitet haben. Er stand aber
in jener Zeit offenbar unter dem Einiiusse Aretin's, der ja, wenn
er nicht gerade auf Erpressungen ausging, vom Bettel lebte. Er
machte es ihm gewiss unwiderleglich klar, dass eine Pfründe auf
Pomponids Namen dessen Vater durch eine Reihe von Jahren ein
festes Einkommen sichere. Es liegt etwas peinlich Komisches in
den Briefen Tizian's, die auf diese Angelegenheit anspielen. Der
Eindruck ist eben, dass er seine Kunst als Tauschobjekt für eine
lombardische Pfründe einsetzt.
„Ich hatte erwartet" schreibt er am 12. Juli 1531 an
den Herzog von Mantua "die Bulle über die Pfründe zu er-
halten, welche Ew. Hoheit meinem Sohne Pomponio im vergange-
nen Jahre gegeben haben; da ich aber sehe, dass die Angelegen-
heit über alle Maassen verschleppt wird und, was schlimmer ist,
dass mir auch die Einkünfte des Benefiziums nicht zukommen,
befinde ich mich in einem Zustande grosser Unzufriedenheit. Es
würde" fügt er hinzu „mir sehr zur Unehre und Schmach
gereichen, wenn mein Sohn jetzt, nachdem ganz Venedig von
dem ihm durch Ew. Hoheit zu Theil gewordenen Gnadengeschenk
weiss, gezwungen würde, das geistliche Kleid wieder abzulegen, das
er mit so grosser Freude trägtß" Vierzehn Tage später ist der
Exemplar der Sammlung des Herzogs von Devonshire in Chatsworth ist der
Heilige grösser als auf den bisher erwähnten dargestellt und auf Holz; er kniet
nach rechts hin und hält den Stein in der Hand, ein Finger seiner Linken ruht
auf dem Buche neben dem Kruzifix, am Fusse des Felsens, worauf dieses steht,
schreitet der Löwe. Das Bild ist nicht mit Tizian's Meisterschaft behandelt und
scheint Arbeit eines Schülers im Atelier des Meisters. Die Sammlung Balbi in
Genua besitzt ebenfalls einen Hieronymus in der Haltung desjenigen im Louvre;
auch dieser gilt als Tizian's Original, ist aber nur schwache Oopie. Ein kleines
Hieronymusbild, wieder nach dem Modell des Pariser (Holz, h. 2 Fuss, br. l Fnss
8 Zoll), das Kruzifix rechts im Hintergrunde in hügeligen mit Bäumen bestandener
Landschaft, war in der weiland Sammlung Northwiek als Tizian benannt, aber die
Behandlungsweise war die des Romanino. Von den beiden Exemplaren des Hiero-
nymus im Museum zu Madrid endlich (No. 478 und 492) ist das eine von Lotto,
das andere von einem späteren Venezianer.
"l Der Wortlaut, zuerst von Pungileoni im Giornale Arcadieo für das Jahr