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ERSTE
BEGEGNUNG
MIT KARL DEM V.
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von Este brachten der "aufgehenden Sonne Deutschlands und
Spaniens" ihre Huldigungen dar. Zu den Festlichkeiten, hinter
denen sich die Leidenschaften und Intriguen der Staatsmänner
und Fürsten versteckten, war der Ueberlieferung nach auch Ti-
zian geladen worden. Zum Beginn jener Verhandlungen, welche
darüber entscheiden sollten, 0b Venedig im Kriegsstand gegen
Karl verbleiben werde oder nicht, wird man ihn jedoch schwerlich
herbeigeholt haben; der Ruf kann füglich erst nach Bestätigung"
des Friedens am Christabend 1529 an ihn ergangen sein. Der
Markgraf von Mantua, Tizian's bewährter Freund, war während
der ganzen Dauer der Anwesenheit _des Kaisers in den päpstlichen
Staaten um dessen Person. Es liegt deshalb die Vermuthung nahe,
dass er es gewesen, der den Künstler mit dem Monarchen zu-
sammenbrachte, allein aus den geschichtlichen Quellen ergibt sich
keine Nachricht über damaligen Verkehr Tizian's mit den Gonzaga.
Seine Vorstellung beim Kaiser wird vielmehr mittelbar dem Aretin
zugeschrieben. „Es heisst" schreibt Vasari „bei Karl's des V.
Anwesenheit in Bologna i. J. 1530 habe auf Aretin's Anstiften
der Kardinal Ippolito de' Medici Tizian herbeigerulen und dieser
daselbst ein prächtiges Bildniss von Seiner Majestät in voller
Rüstung gemalt, welches dem Kaiser so wohl gefallen, dass er
dem Meister tausend Scudi gesandt, die er jedoch mit Alfonso
Lombardi zu theilen gehabt hätteßss Wenn wir die Richtigkeit
dieser Erzählung anzweiteln, so geschieht es nicht nur, weil
die Thatsachen durch keine authentischen Berichte bestätigt sind,
sondern auch weil sich Beweise dafür beibringen lassen, dass
Tizian in den ersten Monaten des Jahres 1530 nicht in Bologna
gewesen ist. Während der Meister seinen Streit mit der Brüder-
schaft von S. Giovanni e Paolo in Venedig zum Austrag brachte,
war er mit der Ausführung von Aufträgen des Markgrafen von
Mantua beschäftigt, worüber der folgende Brief Aufschluss gibt.
Giacomo Malatesta an Federigo Gonzaga in Mantua:
,.,Tizian hat mir die Bilder gezeigt, die er für Ew. Gnaden
malt. Das der Madonna mit der heiligen Katharina und ein
XIII.
ss Vasari