E
TIZIAN
UND ARETIN.
Dolee eröffnet seinen Dialog über die Malerei, indem er Aretin
und Fabrini vor dem „Petrus Martyr" im Gespräch auftreten lässtfs
Generationen von Künstlern, von Benvenuto Cellini und Tribolo
im sechszehnten Jahrhundert bis zu Rubens und Carracei im sieb-
zehnten und Reynolds im achtzehnten, haben bewundernd und
studierend davor zugebracht und es ist mehrfach überliefert, dass
die Signorie Denjenigen mit Todesstrafe bedroht habe, der es
wagen würde, das Bild von seinem Platze zu entfernen?"
Es kann nicht Wunder nehmen, wenn Pordenone nach der
Ausstellung des Gemäldes beschloss, das von einem so mäch-
tigen Rivalen behauptete Feld zu verlassen und wenn Sebastian.
del Piombo für uräthlich hielt, wieder nach Rom zurückzukehren,
wo sein künstlerisches Vermögen besser gewürdigt werden konnte
als in der Nähe Tizian's. Wir besitzen noch das Dokument vom
27. April 1530, welches den zwischen Tizian und der Brüder-
schaft von S. Giovanni e Paolo abgeschlossenen Vertrag enthält.
Daraus geht hervor, dass zwischen dem Maler und dem Guardian
des Klosters Missverständniss wegen der Zahlung entstand, gleich-
zeitig beweist es aber auch, dass Tizian das Bild schon einige
Zeit vor dem angegebenen Termine vollendet und Musse gefunden
hatte, sich anderen Arbeiten zuzuwendenß"
Inzwischen waren in Mittel-Italien Ereignisse eingetreten,
welche auf Tizian's Laufbahn zurückwirkten. Clemens der VII.
verliess im Oktober 1529 Rom und ging nach Bologna, wo Karl
der V., der von Spanien über Genua kam, mit ihm zusammen-
traf. Dort nun wurde der Friede um den Preis der italienischen
Freiheiten zu Stande gebracht. Die Mediceer erkauften die Herr-
schaft von Florenz, der Kaiser empfing die Krone aus der Hand
des Papstes und Tizian's Gönner Federigo Gonzaga und Alfonso
35 Dolce, Dialoge S. 1.
3" Boschini, Carta del navegar S. 12 schreibt diesen blutrünstigen Erlass der
Signorie von dem Umstande her, dass Daniel Nys ein Gebot von 18,000 Saudi für
das Bild gemacht hatte. St. Disdier a. a. 0. S. 56 sagt, infolge des häufigen Ab-
svasehens mit Sehwämmen, welches den Gopisten gestattet worden, habe die Farbe
ihren Schmelz verloren. Dass es oft restauriert wurde, geht aus dem umständlichen
Berichte bei Zanotto, Pinaeoteca Veneta, zur Genüge hervor.
i" s. Anhang unter N0. XII.