CAP. IX. DER ,.TOD DES PETRUS MARTYR". 275
Zu den merkwürdigsten Eigenschaften des Bildes gehörte die
Grundfarben-Stimmung des Cclorits. Ein einziger Fleck (der rothe
Schurz des Mörders) war hineingeworfen, um die verschiedenen
schwarzen Nüaneen in den Gewändern der Dominikaner sowie
das Braun und Grün der Bäume und des Vordergrundes abzu-
tönen. Als Tizian zuerst die Einzelgruppe componierte, aus wel-
cher das Bild entstand, hatte er nur die Realität des Herganges
im Auge. In einer trefflichen Skizze des Mörders und seines
Opfers, welche sich früher im Besitz des Herrn Sackville Bale
befand, ist der Heilige auf dem Boden liegend dargestellt, beide
Hände von sich gestreckt und den Blick auf seinen Feind ge-
richtet." Dass Petrus den Himmel anruft und dass dieser sich
öffnet, scheint somit das Resultat späterer Ueberlegung zu sein.
Verschiedentlich ist die unnatürliche Bewegung des Körpers beim
Mörder, wie bei seinem Opfer nicht ohne Grund getadelt worden.
Aber hier wie in der „ Grablegung" wurden die schwächeren Punkte
durch die überzeugende Gewalt des Ganzen verdeckt.
31 Tizian's Petrus Martyr und Giovanni Bellinfs grosses Madonnenbild mit
zehn Heiligen aus den ersten Jahren nach 1470 lvgl. der Verft". Gesch. der ital.
Malerei, deutsche Ausg. V. S. 153) befanden sich ursprünglich innerhalb der Kirche.
Wegen einer Reparatur derselben wurden sie in die Rosenkranz-Kapelle gestellt
und dort brach in der Nacht des 16. August 1867 auf unerklärte Weise Feuer
aus, welches den gesammten Innenraum der Kapelle zerstörte. Die Zeichnung
aus dem Kabinet des Mr. Sackville Bale war später Eigenthum des Mr. Dr.We1les-
ley zu Oxford und gehört jetzt dem Mr. Maleolm zu Poltallock (s. Journal des
beaux arts 1867, S. 169). Eine zweite Zeichnung der ganzen Composition beiindet
sich im British Museum. Sie zeigt nur Einen Engel am Himmel, auch wird das
Kleid des Märtyrers nicht in derselben Weise gehalten wie auf dem Bilde und die
Hände des iliehenden Mönches sind anders angeordnet. Auch im Museum zu
Berlin befindet sich eine ähnlicheZeichnung (ehemals in der Sammlung Suermondt)
angeblich von Tizian, sie ist jedoch nach unserer Meinung unecht. Von Copien
haben wir bereits die des Cigoli (ehemals in den Uffizienrin Florenz) erwähnt, eine
Zweite von sehr früher Entstehung beündet sich am ersten Altar zur Rechten vom
Hauptportal in S. Domenico zu Ancona. Die "vollendete Studie" im Besitz des
Mr. Pigott, ausgestellt in der Royal Academy 1875 (Leinwand, 36 zu 23 Zoll) und
auf der Ausstellung zu Manchester als Eigcnthum der Erben des Baronet J. Smith
Pringle die Identität vorausgesetzt ist Copie. Im Inventar von Rubens Bildern
war eine „grosse Zeichnung nach dem Martyrium des Petrus Martyr von Tizian"
aufgeführt (s. Sainsbury a. a. O. S. 236), der Verbleib derselben ist unbekannt.
An Stichen erwähnen wir die von Martin Rota, G. B. Fontana, Lefebre und Pa-
tina. Die im Museum zu Lille befindlichen Studien zu einzelnen Figuren des
Bildes sind von Braun photographiert.
18'"