CAP
DER
.TOD
PETRUS
DES
MARTYR"
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Die Arbeiten, welche Tizian in diesen Jahren für seine Gönner
in Ferrara, Mantua und Cadore ausführte, ww'aren von geringer
Wichtigkeit im Vergleich zu denen, die im Auftrage religiöser
Körperschaften in Venedig entstanden. Namentlich eine i. J. 1530
vollendete Arbeit hatte ihn mehrere Jahre lang in Anspruch ge-
nommen uud man erwartete das Gemälde mit desto grösserer
Spannung, als es sich dabei um einen Wettkampf mit zwei seiner
bedeutendsten Rivalen unter den damaligen venezianischen Malern
handelte. Kein anderes Bild hatte die Kunst Tizian's vielleicht
in solchem Grade auf die Probe gestellt wie der „Tod des Petrus
Martyr" in S. Giovanni e Paolo, aber ebenso hat auch kein
anderes Werk die Ueberlegenheit seiner Kunst so siegreich dar-
gethan.
Unter den älteren Künstlern, deren Ruf in Venedig seit Be-
ginn des Jahrhunderts immer mehr gestiegen war, muss Palma
Veechio. als der bedeutendste bezeichnet werden. Sein Einüuss
auf Tizian ist so mächtig und nachhaltig gewesen, dass dieser
ihn erst in seinen Vierziger-Jahren abschüttelte. In dem Maasse,
wie dieser Einiiuss schwand, schien auch die gegenseitige Freund-
schaft der Maler kühler zu werden und zuletzt traten sie gerade-
zu in Wettstreit. Die mächtige Förderung, deren Tizian sich zu
erfreuen hatte, wurde Palma nicht zu Theil, wenn er auch ein-
flussreiche Freunde unter den Querini, den Priuli und Cornari
besass, wie denn wahrscheinlich manch Einer. in Venedig Seine
"Verlobung der Jungfrau" in S. Antonio oder „die heilige Bar-
bara" in S. Maria Formosa. für ebenso schön hielt wie irgend ein
Werk Tizian's, höchstens mit Ausnahme der Madonna von S. Nic-
colo oder der Palla Pesaro. Die Bruderschaft "vom heiligen Petrus
Martyr, dessen Altar in der Kirche S. Giovanni e Paolo stand,
war wenigstens nicht gesonnen, Tizian's Ueberlegenheit über seine
Genossen von vornherein als ausgemacht anzunehmen und richtete
daher in der Absicht, ein altes Altarbild des Jacobello del Fiore
plan hinauf; am Sockel zur Linken uneben dem Kopfe der heiligen Anna ist das
Wappen der Palatini aufgehangen (neun weisse Lilien auf blauem Felde). Maria
trägt wcisseu Schleier, Joachim oraugegelbe Tunfka und blauen Rock, Hieronymus
ist in Roth, Wciss und Grün gekleidet: und trägt Hut und Buch; vgl. Ticozzi a. a. O.